Leo Tuor
Settembrini. Leben und Meinungen
Roman
Übersetzt von Peter Egloff
4. Aufl., Februar 2016
978-3-85791-624-3
Nach 'Onna Maria Tumera oder Die Vorfahren' kehrt Leo Tuor mit 'Settembrini' dorthin zurück, wo er am liebsten ist: auf die Berge. Wie Giacumbert Nau und Pieder Paul Tumera ist der Jäger Settembrini jemand, der an Geschichten glaubt statt an Gesetze. Er ist mit Geistern im Bunde und für jede Lebenslage mit einem Zitat bewaffnet. Settembrini werden die Zwillinge Gion Battesta Levy und Gion Evangelist Silvester genannt, wenn sie allein unterwegs sind, weil sie keiner unterscheiden kann. Sie sind die Onkel und Lehrmeister des Erzählers, Jäger in den Alpen, die der Gemse auflauern und die Weltliteratur nach Sinn und Wesen der Jagd durchpirschen. Mit ihrem geballten Fachwissen über Gemsen und Bücher überschütten sie ihren Zögling, der damit alsbald an der Jagdprüfung brilliert. 'Settembrini' ist ein fantasievoller Roman über die Jagd, voller Nachdenklichkeit über das Töten und wilder Geschichten aus dem Leben in den Bergen.
Leo Tuor
Leo Tuor, geboren 1959, wuchs in Rabius und Disentis auf, wo er die Schule im Benediktiner-Kloster besuchte und 1979 mit der Matura B abschloss. Anschliessend studierte er Philosophie, Geschichte und Literatur in Zürich, Fribourg und Berlin. Während des Studiums war er Redaktor der streitbaren rätoromanischen Zeitschrift «la Talina».
Leo Tuor schreibt Erzählungen, Essays, Kolumnen, Kurzgeschichten und Beiträge für Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien. Daneben arbeitet er für Radio und Fernsehen. Viele Jahre verbrachte er den Sommer als Schafhirt auf der Greina und den Herbst als Jäger auf Carpet. Als sein Hauptwerk kann die Surselver Trilogie «Giacumbert Nau» (1988), «Onna Maria Tumera» (2002), «Settembrini» (2006) bezeichnet werden.
2021 erhielt er den Bündner Kulturpreis. «Wir sind Leo Tuor dankbar für jedes Buch und jedes Wort, denn es fehlte uns alles, wenn nur eines fehlen würde», sagt Roman Bucheli in seiner Laudatio.
Peter Egloff
Peter Egloff, 1950 in Zürich geboren, ist freier Journalist und lebt in Zürich und Sumvitg. Autor und Herausgeber mehrerer Bücher zu Graubünden und zur Surselva, zuletzt «Der Bischof als Druide». Seine Übersetzung von Leo Tuors «Giacumbert Nau» wurde vom Kanton Zürich mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet, die Übersetzung von «Settembrini» war für den Paul-Celan-Übersetzerpreis nominiert.Dies ist die Geschichte ...
Dies ist die Geschichte meiner Zwillingsonkel, Gion Battesta und Gion Evangelist Silvester, Settembrini genannt, wenn sie nicht beide beisammen waren. Gemsjäger, Bewunderer des Himmels, Literaten. Literaten, ohne selber Literatur zu machen. Literaten in dem Sinne, dass sie Homer und Herodot, Plinius und Plutarch und all die anderen glänzenden Autoren unserer Kultur lasen und mit ihnen lebten. Sie waren Bergler, nicht zuletzt darum, weil sie schonungslos jenen fürchterlichen, per Kilo gehandelten «Monta Blau» rauchten, und einen noch fataleren Montagner tranken. Montagner trinken und Montaigne lesen, das war die Devise dieser beiden Meister im Pissen gegen den Wind. Auf der Jagd arbeitet man immer gegen den Wind. Gemsen und Bücher waren ihr Leben. Manch einer mag ebenso viele Gemsen ebenso viele Stunden zu Tal gebuckelt haben wie Settembrini. Aber keiner hat so viele dicke Wälzer über Grund und Grat geschleppt wie Settembrini. Die Literatur war sein Seelenelixier.Settembrini hätte verunglücken müssen. Der Mythos will ja, dass der Mann der Berge in den Felsen zugrunde gehe. Settembrini hat es vorgezogen, sich einzuspinnen und ist ein Schmetterling geworden, so wie Kafka will, dass der Jäger sich verwandle und schließlich gaukelnd in die Lüfte entschwinde.
«Settembrini» im Literaturclub SRF
«Settembrinis Anarchie hat Leo Tuor erzählerisch Gestalt gegeben. Nicht anders als in den früheren Büchern erzählt er nicht von A bis Z (oder von Cäsar bis Nabokov, wie es Settembrini sagen würde). Die Chronologie der Ereignisse zerfällt ihm in tausendundeine Geschichten. Nie behauptet er, zu erzählen, wie es gewesen ist; immer stehen seine Erzählungen unter dem melancholischen Vorbehalt des Konjunktivs und des sanften Widerspruchs: «Eine Gemse schiessen kann jeder Jäger, aber nicht jeder ist fähig, eine leben zu lassen.» So ist dieses Buch eine subtile Meditation über das Töten und eine stille Hommage an die Toten, ein Hymnus auf das Leben und die Literatur, schliesslich eine Verneigung vor den Epiphanien der Imagination, die all dies erst möglich macht.» Neue Zürcher Zeitung
«Settembrini ist ein erstaunliches, angenehm selbstbewusstes Buch, die Übersetzung ist mit den Ramuz-Übersetzungen von Hanno Helbling zu vergleichen: absolut preiswürdig.» Frankfurter Allgemeine Zeitung
«Brillantes Beispiel zeitgenössischer Narrenliteratur. Ein kluger und subtiler Lobgesang auf die Jagd.» DRS2 aktuell
«Leo Tuor darf inzwischen als einer der wichtigsten Schweizer Autoren bezeichnet werden..» literaturkritik.de
«In einer kurzen Vorrede empfiehlt Tuor den Lesern, wenn sie am klaren Sternenhimmel den Jäger Orion erblickten, dann sollten sie sich in sein «närrisches Buch» versenken. Indem «man die Wahrheit zum Lachen bringt», lassen sich sogar die Gurus der Jagd vertreiben.» Mittellandzeitung
«Von Gemsen, Hasen, Murmeltieren, aber auch von aller Art Engeln, von bestirnten Himmeln, von Geistern und Toten. Manchmal bruchstückhaft, immer fantasievoll, eigenwillig und oft entlarvend fabuliert und philosophiert mal Settembrini, mal der Erzähler. Man taucht ein in die karge Welt der Bündner Alpen oberhalb des Vorderrheins, pirscht sich an so manchen Bock heran. Und erfährt dabei, wie sich die Bündner Jagd verändert hat - seit der Bock geschont wird.» Kulturtipp
«In dieser Ausgabe mache ich hemmungslos Reklame für ein neu erschienenes Buch des rätoromanisch schreibenden Bündner Autors Leo Tuor, den ich in der ersten Reihe der Schweizer Gegenwartsliteratur sehe und dessen Roman ‹Settembrini, Leben und Meinungen› das Prädikat Meisterwerk (ohne Anführungszeichen) verdient.» Karl Lüönd, Jagd & Natur
«Der Roman gehört zur Narrenliteratur, ist witzig und tiefgründig zugleich, geprägt von Achtung von Leben und Tod. Der Autor schreibt an gegen alles Nivellierende und Angepasste, zeigt das Wilde der Berge, die Anziehung des nicht Fasslichen wie Wiedergänger, Sterne und Engel.» P.S.
«Ein Buch voll treffsicherer Weisheiten, jeweils mit einem Schuss schelmischen Augenzwinkerns. Zur Benutzung: Bitte laut vorlesen und gemeinsam lachen. Die Sprache Tuors (sic!) muss den Raum durchdringen, muss gesprochen, gesungen werden, variierend zwischen Staccato und lyrischen Bögen, dann kann sich das Rauhe, das Bissige, das Närrische, das Träffe entfalten.» zalp
«Dieses Buch ist eine subtile Meditation über das Töten und eine Stille Hommage an die Toten, ein Hymnus auf das Leben und die Literatur.» Schweizer Jäger
«Eine abschliessende, alle moralischen Bedenken beschwichtigende Antwort auf die Frage, warum Jagen und Töten notwendig seien, gibt Leo Tuor nicht. Dafür aber bezaubert er den Leser mit einer unglaublichen Fülle von bald hart realistischen, bald surrealen, märchenhaften und oft von grimmigem Humor geprägten Episoden aus seinem und seiner Onkel Jägerleben, in dem neben wirklichen Figuren auch solche aus historischer Überlieferung oder lokaler Legende auftregen – etwa die des ‚zweimal geborenen Alpenführers Barlichin', der im Jahr 1509 Erasmus von Rotterdam über den Splügen geleitet haben soll.» Basler Zeitung
«Der Roman ist ein brilliantes Beispiel für Narrenliteratur, er ist witzig und tiefgründig, zudem gewürzt mit kulturhistorischen Rückgriffen und philosophischen Einschüben. Er ist ein wunderbares Buch über die Magie der Jagd sowie die des bestirnten Nachthimmels.» Jagen Weltweit
«Gerne folgt man dem eigenwilligen, sprachlich starken rätoromanischen Autor – ein schriftstellerisches Kaliber, und was für eines! – in die karge Welt der Bündner Berge.» Österreichs Weidwerk
«Endlich wieder einmal ein Buch über die Jagd, das den Namen Literatur verdient.» Wild und Hund
«Eine poetische Hymne auf das Leben, bevölkert von Tod, Schattengestalten und antiken Göttern. Die Archaik des Tötens entfaltet sich bei Tuor in einer sprachlichen Kraft und Schönheit, die in Widerspruch zum grausamen Inhalt steht. Die Sprache ist schlicht und rau, und manchmal holpert und kracht sie wie Feldsbrocken einen Hang hinunter. Sie ist poetisch selbst dann, wenn über Gesetze und Blut geschrieben wird oder von weggeschossenen Vorderläufen und dem Ausnehmen des Kadavers die Rede ist.» Bieler Tagblatt
«‹Settembrini› ist ein Glücksfall für das Erbe der Schweizer Jagdkultur und Rauschgift für belesene Bergjäger.» Fischer- & Jägerpost