Die Adelaiden / I Adelaidi
Anna Felder

Die Adelaiden / I Adelaidi

Italienisch und Deutsch

Übersetzt von Maja Pflug

160 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Oktober 2010
SFr. 32.–, 29.80 € / eBook sFr. 19.90
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978-3-85791-613-7

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'Die Adelaiden' ist der lange erwartete neue Roman von Anna Felder. Im Zentrum steht ein Paar, Ottone und Adelaide. Das Leben haben sie hinter sich. Er, Ottone, sucht nach dem Absoluten, nach der wahren Adelaide, der idealen, die sich ihm immer wieder entzieht. Sucht in der Erinnerung, die trügt. Sucht in all den anderen Adelaiden, die ihn in Liebesgeschichten verwickeln und die er in paradoxer Treue seiner einzigen Adelaide einverleibt. 'Die Adelaiden' ist ein Roman über die Introspektion, die trügerische Dimension der Erinnerung und die Spannung zwischen Leben und Tod. Und wieder ist Anna Felder auf der Suche nach einem perfekten Gleichgewicht zwischen Form und Bedeutung. Wie in der Musik folgen Klänge und Phrasen einer genauen rhythmischen Struktur. Sinn und Klang, Rhythmus und Bedeutung gehen eine unauflösbare Verschmelzung ein.

Anna Felder

Anna Felder, geboren 1937 in Lugano, gestorben am 15. November 2023. Literaturstudium in Zürich und Paris, Promotion über Eugenio Montale, danach Tätigkeit als Italienischlehrerin und Schriftstellerin. Lebte in Aarau und Lugano. 1998 Schillerpreis für das Gesamtwerk, 2004 den Aargauer Literaturpreis und 2018 den Schweizer Grand Prix Literatur.

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Maja Pflug
© Georg Pflug

Maja Pflug

Geboren in Bad Kissingen, Übersetzerausbildung in München, Florenz und London, übersetzt seit über dreissig Jahren italienische Literatur ins Deutsche, u.a. P.P. Pasolini, Cesare Pavese, Natalia Ginzburg, Fabrizia Ramondino, Rosetta Loy, Alberto Nessi, Anna Felder, Giovanni Orelli und Anna Ruchat. Als Autorin veröffentlichte sie 1995 «Natalia Ginzburg. Eine Biographie», die auch ins Italienische übersetzt wurde. Sie lebt in München und Rom. Sie wurde 1987 mit dem Premio Montecchio, 1999 mit dem Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis und 2007 mit dem Jane Scatcherd-Preis ausgezeichnet. 2011 erhält sie für ihr Lebenswerk den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis.

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Per tenere a bada la strada ... | Um die Straße zu überwachen ...

1.

Per tenere a bada la strada, gli bastava in fondo la finestra. E poi, che importava la strada? L’Adelaide era in casa.

      Gli bastava spostarsi quel poco. Piuttosto stava fermo: sovrapponeva piuttosto.

      Senza volerlo sovrapponeva Adelaidi su Adelaidi così da trovarsene davanti sempre una sola. La giusta.

      Fosse stato uno che viaggiava, avrebbe accostato le immagini del viaggio una dopo l’altra: un albero dopo l’altro, una galleria, una compagna o un compagno di viaggio dopo l’altro. Avrebbe potuto voltarsi a guardarli, a confrontarli; avrebbe contato man mano i passi, anche quelli che gli stavano davanti.

      Invece non gli occorreva voltarsi: stava in piedi o seduto a tenere negli occhi come se fosse eterno, eterno Ottone, l’Adelaide supina sulla branda.

      Più la guardava, e più si sentiva rassicurato; grato che l’Adelaide fosse presente, adagiata, vasta, a contenere e fermare il minuto: anche per lui.

            La trovava vicina come mai, venuta a galla a rimanere in vita in casa loro: emersa dalle infinite Adelaidi già state in casa e fuori casa: liscia, di perla, docile. Sovrapposta ad un’Adelaide già stata sott’acqua, spericolata, golosa, abbronzata; già stata profumata, incipriata nei gioielli, scomoda; e in uniforme, in bicicletta, per terra a regalar centesimi ai bambini, in cattedra; con le forbici in mano, con il lenzuolo, con il lenzuolo e basta.

 

1.

Um die Straße zu überwachen, genügte ihm im Grunde das Fenster. Und außerdem, was kümmerte ihn die Straße? Adelaide war zu Hause.

      Eine kleine Drehung hätte genügt. Lieber rührte er sich nicht: Er überlagerte lieber.

      Ohne es zu wollen, überlagerte er Adelaiden mit Adelaiden, so dass er immer eine einzige vor sich hatte. Die richtige.

      Wäre er einer gewesen, der reist, hätte er die Reisebilder aneinandergereiht: einen Baum nach dem anderen, einen Tunnel, eine Reisegefährtin oder einen Reisegefährten nach dem anderen. Er hätte sich umwenden können, um sie zu betrachten, zu vergleichen; er hätte nach und nach die Schritte gezählt, auch die, die vor ihm lagen. Doch er brauchte sich nicht umzuwenden: Er stand oder saß und hielt in den Augen, als ob er ewig, der ewige Ottone wäre, Adelaide, die auf dem schmalen Bett lag.

      Je länger er sie ansah, umso mehr fühlte er sich beruhigt; dankbar, dass Adelaide anwesend war, ausgestreckt, weit, um die Minute aufzunehmen und anzuhalten: auch für ihn.

            Er fand sie nah wie nie, an die Oberfläche gekommen, um in ihrem gemeinsamen Zuhause am Leben zu bleiben: aufgetaucht aus den unendlich vielen Adelaiden, die es schon im Haus und außer Haus gegeben hatte: glatt, perlfarben, fügsam. Über eine Adelaide geschoben, die schon unter Wasser gewesen war, waghalsig, genäschig, braungebrannt; die schon parfümiert gewesen war, mit Juwelen behängt, gepudert, unbequem; und in Uniform, auf dem Fahrrad, in der Hocke, um Kindern ein paar Münzen zu schenken, auf dem Katheder; mit der Schere in der Hand, mit einem Laken, mit einem Laken und sonst nichts.

Tessiner Zeitung, 7. Januar 2011
Schweizer Radio DRS 2, 27. Januar 2011
P.S., 17. März 2011

Schweizer Buchhandel, 21. April 2011
Luzerner Zeitung, 20. Januar 2018
Neue Zürcher Zeitung, 20. Januar 2018
Börsenblatt, 22. Januar 2018
Tessiner Zeitung, 26. Januar 2018
SRF Ansichten, Mai 2018
Tessiner Zeitung, 12. April 2019 (Interview)


«Der Limmat Verlag hat ihren letzten Roman ‹Le Adelaidi› jetzt zweisprachig herausgegeben, was auch bei geringen Italienischkenntnissen ermöglicht, etwas vom Rythmus und der Klangschönheit des Originals zu erleben.» P.S.

«Im Limmat Verlag erscheinen die wahren Perlen der Schweizer Literatur.» Schweizer Buchhandel

«In einer poetisch hochaufgeladenen Sprache erzählt Anna Felder von der Liebe, den Erinnerungen und dem Abgrund zwischen Leben und Tod.»  SRF Ansichten