Zur Verteidigung der Schule
Fabio Pusterla

Zur Verteidigung der Schule

37 kurze Geschichten eines Lehrers

Übersetzt von Barbara Sauser

128 Seiten, gebunden
1., Auflage, Februar 2010
SFr. 28.50, 30.– €
sofort lieferbar
Titel der Originalausgabe: «Una goccia di splendore. Riflessioni sulla scuola, nonostante tutto»
978-3-85791-595-6

per Post bestellen

War die Schule früher besser als heute? Werden die Schüler zu einem unmenschlichen Lerntempo gezwungen? Machen die Schülerinnen im Grunde überhaupt nichts? Können die Schüler weder schreiben, lesen noch rechnen? Können die Lehrerinnen weder schreiben, lesen noch rechnen?
Tausend Fragen umschwirren die Schule, tausend Urteile, die wir aus unserer eigenen Vergangenheit beziehen, tausend Vorurteile. Fabio Pusterla stellt sich ihnen. Ausgehend von kleineren und grösseren Begebenheiten in seinem Unterrichtsalltag überlegt er unvoreingenommen, warum etwas gelingt, etwas anderes nicht. Er erzählt von notwendigen Provokationen, vom Fordern und Vorbild-Sein, von den fachlichen Anforderungen und menschlichen Beziehungen.
Pusterlas Reflexionen über die Schule berühren, weil sie von einem tief humanen Engagement für die Entwicklung junger Menschen geprägt sind.

Fabio Pusterla
© Archiv Marcos y Marcos

Fabio Pusterla

Fabio Pusterla, geboren 1957 in Mendrisio und Studium in Pavia, lebt in Norditalien und unterrichtet in Lugano am Gymnasium italienische Literatur. Er ist Lyriker, Essayist und Übersetzer aus dem Französischen und dem Portugiesischen, war Mitherausgeber der Zeitschrift «Idra». Mit seinem ersten Gedichtband «Concessione all'inverno» 1985 wurde er schlagartig bekannt. Aus dem Französischen hat er ein Grossteil des Werks von Philippe Jaccottet übersetzt.

Fabio Pusterla erhielt 1986 für sein Debüt den Premio Montale. Auch sein weiteres Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Premio Prezzolini und dem Premio Metauro, dem Gottfried Keller-Preis oder dem Vito Moretti Preis für sein Lebenswerk (siehe Bibliografie).

Porträt des Schriftstellers, SRF 1998: «Fabio Pusterla»

Dokumentarfilm von Francesco Ferri, 2018: «Libellula gentile – Fabio Pusterla»

mehr...

Barbara Sauser
© AdS, Solothurner Literaturtage, Michal Florence Schorro

Barbara Sauser

Geboren 1974 in Bern, lebt in Bellinzona. Studium der Slawistik und Musikwissenschaft in Fribourg. Nach mehreren Jahren im Zürcher Rotpunktverlag arbeitet sie seit 2009 als freiberufliche Übersetzerin aus dem Italienischen, Franzö­sischen, Russischen und Polnischen.

mehr...

Aus dem Vorwort

Ausgangspunkte

Im Sommer 2006 schlug mir Peter Schiesser, der kurz zuvor Chefredaktor der in der italienischen Schweiz sehr beliebten Wochenzeitung Azione geworden war, vor, eine kleine Rubrik zum Thema Schule zu übernehmen und mir deren Inhalte und das Format selbst auszudenken. Ich nahm das Angebot sofort an, trotz einiger anfänglicher Befürchtungen und Vorbehalte, denn seit geraumer Zeit hatte ich den Eindruck, dass der Dialog zwischen der Welt der Schule und der Zivilgesellschaft wenn nicht ganz abgebrochen, so doch arg ins Stocken geraten war; und weil ich der Meinung war und immer noch bin, dass die einzige Möglichkeit, die Schule zu verteidigen und sie wachsen zu lassen, darin besteht, wieder eine ernsthafte, kritische, aber unvoreingenommene Debatte rund um diesen für uns alle so wichtigen Lebensabschnitt, den wir in Schulzimmern verbringen, zu entfachen. Da höre ich, kaum habe ich diese Worte geschrieben, schon eine mögliche Frage durch die Luft schwirren: Warum muss man die Schule verteidigen? Und gegen was?

Ich fange beim Warum an, oder besser, bei den vielen Warums, und vielleicht werden die 37 Kapitel dieses Buches sie herausarbeiten können. Von den zahlreichen Warums, über die ich jetzt sprechen könnte und sollte, führe ich nur eines an: Wir müssen die Schule verteidigen, weil unsere Kinder, die Jugendlichen von heute und wahrscheinlich auch die von morgen, in grosser Gefahr sind, sie sind furchtbaren Kräften ausgeliefert, die ihr Leben zu erschüttern und ihren Horizont zu schliessen drohen; und die Schule, unsere unvollkommene und hinkende Schule, ist für viele von ihnen die einzige oder einige der wenigen Möglichkeiten, reifer zu werden und heil davonzukommen. Der eine oder andere kann an dieser Stelle also bereits mit einem Schnauben das Buch schliessen:

Wer sich die Schule als Bildungsagentur vorstellt, als Diplom- und Passwortverteilerin für eine klar umrissene und möglichst gut bezahlte berufliche Zukunft, wer nur den materiellen Nutzen der Schule sieht, die technische Bildung, die Ziele und die Disziplin, wer der Meinung ist, dass in der Schule nur die (möglichst guten) Noten und die Prüfungen zählen – wer so denkt, sollte keine Zeit mehr verlieren und kann ruhig aufhören zu lesen. Dieses Buch spricht von anderen Dingen und benutzt eine andere Sprache: Weil es versucht, sich von der Sichtweise der Leute, die die Schule von unten sehen, leiten zu lassen.

Was heisst von unten? Aus der Perspektive der alltäglichen Erfahrung als Lehrer manchmal, öfter aus der Sicht der Schüler oder Eltern; oder auch aus der Sicht von jemandem, der, egal was seine Rolle, sein Platz in der Welt ist, sich ständig Fragen stellt, weil für ihn fast nichts sicher ist. Ich war mir bewusst, dass ich mit der Wahl dieser Sichtweise zuungunsten anderer, bestimmt ebenso berechtigter, einige Risiken einging, in erster Linie jenes, Personen ausserhalb und vor allem innerhalb der Schule vor den Kopf zu stossen. Ich würde Zweifel auslösen, den staubigen Zipfel eines Teppichs hochheben, unter den man nicht besonders gerne schaut. Doch ich hatte den Eindruck, dass man vielleicht nur so den Dialog, der unterbrochen zu werden droht, wieder in Gang bringen kann: Man muss akzeptieren, dass der Punkt, an dem wir uns alle vielleicht noch finden können, eher mit Missbehagen als mit Zufriedenheit zu tun hat, eher mit Schwierigkeiten als mit triumphalen Erfolgen. Von tausend alten und neuen Problemen bedrängt, tut sich die Schule oft schwer damit, sich von Neuem auf eine Diskussion einzulassen; von tausend alten und neuen Ängsten bedrängt, gelingt es den Eltern und Schülern nicht mehr, die Dinge klar zu sehen, und sie laden der Schule jede Verantwortung und jede Schuld auf. Machen wir also einen Versuch, sagte ich mir: Legen wir die Waffen nieder, ziehen wir uns die Masken vom Gesicht und schauen wir uns mutig in die Augen. Wir könnten auch die Entdeckung machen, dass wir etwas gemeinsam haben.
P.S., 18. März 2010
Lesen in Tirol, 23. März 2010
Bildung Schweiz 5a/2010
NZZ am Sonntag, 28. März 2010
Bildung Schweiz 5a 2010
Heinrich Boxler, Feldmeilen 16. April 2010
Sommerbrief 2010
NZZ am Sonntag, 21. November 2010
Der Landbote, 3. Februar 2011
Mittellandzeitung, 11. Februar 2011
Neue Zuger Zeitung, 17. Februar 2011
VPOD- Bildungspolitik, Nr. 170 (März 2011)
Basler Schulblatt, März 2011
Tessiner Woche, 8. Februar 2013

«Gehört zum Schönsten, was zum Thema Schule heute zu lesen ist.» NZZ am Sonntag

«Und immer wieder geht es auch um die Bedeutung der Sprache als Schlüssel zur Welt, als Mittel, sich selber auszudrücken und in der Literatur Ausgedrücktes zu verstehen, um es für das eigene Leben zu nutzen. Sein Buch ist ein Beleg für ihre Wirksamkeit.» P.S.

«Pusterla theoretisiert nicht. Er beschreibt genau, und er kann schonungslos sein.» NZZ am Sonntag

«Ein auch sprachlich – in der deutschen Übersetzung von Barbara Sauser – souveränes, wohltuendes, nicht zuletzt bemerkenswert sorgfältig und schön gestaltetes Buch.» Bildung Schweiz

«Da ist nichts von Schulidylle zu erkennen, denn Pusterlas Texte wollen aufrütteln, wollen zu Diskussionen Anlass geben, vorausgesetzt, dass jene, die an den schwierigen Verhältnissen etwas ändern könnten, noch in der Lage sind, seine Texte zu lesen.» Heinrich Boxler

«Auch wenn der Alltag manchmal in seiner flachen Erscheinung das Hirn gerne in einem Flachbett ruhen lässt, gibt es erstaunlicherweise gerade im Schulsystem immer wieder Pädagoginnen und Pädagogen, die beim Betreten des Unterrichtsgebäudes die allgemeine Narkose beenden und sich Gedanken machen. Ein solcher Gedankenjäger ist Fabio Pusterla, der sich in einer Figur als sinnierender Lehrer in kleinen Erzählungen Luft macht und dabei zu einer ‹Verteidigung der Schule› ansetzt.» Lesen in Tirol

«Pusterla ‹verteidigt› nicht eine Institution, ein pädagogisches System oder einen gewerkschaftlichen Standpunkt, sondern die Schule als Kulturgut und Bildung als Lebensform. Ein auch sprachlich – in der deutschen Übersetzung von Barbara Sauser – souveränes, wohltuendes, nicht zuletzt bemerkenswert sorgfältig und schön gestaltetes Buch.» Bildung 5a

«Pusterla führt zurück zur Grundlage des erzieherischen Verhältnisses. Deshalb ist dieses Buch wichtig.» Sommerbrief

«Pusterla ist ein Meister des Fragens. Oft seien diese wichtiger als Antworten, bemerkt er. Um das für ihn Schlimmste, die ‹Apathie›, zu bekämpfen, kommt ihm die verwendete Textsorte gerade recht. Er oft – ohne die Augen vor der Wirklichkeit zu verschliessen – dass die SchülerInnen zuweilen glücklich seien, indem der ‹Wind› ihrer intellektuellen Neugier im Unterricht wehen darf. Wie schön (muss es sein), bei Pusterla in die Schule zu gehen!» Basler Schulblatt

«Pusterlas Beiträge heben sich in ihrer Nachdenklichkeit wohltuend ab von jener einfallslosen und plakativen Geschwätzigkeit, die oft den Disput über Bildung bestimmt. Er blättert in seinen Beiträgen Fragen und sorgsam gehütete Vorurteile auf, um der Schule jene kritische und fürsorgliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die sie im Augenblick so dringend benötigt. Der grösste Verdienst des Bändchens ist es zweifellos, dass der Leser nach jedem Beitrag innehält, um über scheinbar unabänderbare Tatsachen aus dem Schulleben nachzudenken.» VPOD- Bildungspolitik