Thomas David, Bouda Etemad, Janick M Schaufelbuehl
Schwarze Geschäfte
Die Beteiligung von Schweizern an Sklaverei und Sklavenhandel im 18. und 19. Jahrhundert
Übersetzt von Birgit Althaler
November 2005
978-3-03855-269-7
«Ein Standardwerk.» Tages-Anzeiger
Als im Herbst 2001 anlässlich der UNO-Konferenz gegen Rassismus Sklavenhandel zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklärt wurde, gehörte die Schweiz zu den 163 unterzeichnenden Ländern und und von offizieller Seite wurde betont, das Land habe im 18. und 19. Jahrhundert nichts mit Sklaverei, Sklavenhandel und Kolonialismus zu tun gehabt. Die drei Historiker Thomas David, Bouda Etemad und Janick Marina Schaufelbuehl kommen zu anderen Ergebnissen: Auf der Basis von neu erarbeiteten Quellen liefern sie erstmals eine umfassende Studie zu dieser Frage.
Aufgezeigt wird, dass Basler und Neuenburger Indienne-Fabrikanten einen Grossteil der Ware liefertern, die in Afrika gegen die Sklaven eingetauscht wurde. Auch waren Schweizer Investoren in nahezu hundert Schiffsexpeditionen involviert, die ebenfalls solche Transporte durchführten. Zudem besassen Schweizer Aktien von Gesellschaften, die über 172'000 Afrikaner in die Karibik brachten.
Schwarze Sklaven waren aber auch auf Plantagen von Schweizern zu finden. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts, als in den meisten Kolonien die Sklaverei schon verboten war, arbeiteten hunderte von Sklaven für Schweizer Gutsbesitzer in Brasilien. Der Schweizer Bundesrat befand, dass die Exil-Schweizer dazu ein Recht hätten. Nicht zuletzt halfen Schweizer Söldner und Offiziere bei der Niederschlagung von Sklavenaufständen in der Karibik.
Die schweizerischen Antisklaverei-Organisationen, deren Engagement von gewissen konservativen und evangelischen Kreisen ausging, richteten sich nicht gegen die transatlantischen Geschäfte, sondern gegen den arabischen Sklavenhandel, der in Afrika existierte und gewissen Kolonisationsprojekten im Wege stand.
Einleitung
Über die Beteiligung von Schweizern am transatlantischen Sklavenhandel
Die Schweizer und die Sklaverei in Amerika
Die schweizerische Bewegung gegen Sklaverei und Sklavenhandel
Anhang
Literatur
Einleitung
Die Idee, ein Buch über die Schweiz und den Sklavenhandel zu schreiben, mag auf den ersten Blick unsinnig erscheinen. Alle wissen doch, dass die Schweiz nie eine Sklavenhandelsflotte oder Kolonien mit Zuckerplantagen in der Karibik oder auf dem amerikanischen Kontinent besessen hat. Zudem wurde die Schweiz zu einem Zeitpunkt Bundesstaat, als der transatlantische Sklavenhandel mit Schwarzen und die Sklaverei in Europa und Amerika kurz vor der Abschaffung standen. Folglich kann sich die Schweiz als Staat von dieser Frage in keiner Weise betroffen fühlen.Trotzdem nimmt die offizielle Schweiz heute Stellung zu diesen Themen. Im März 2001 veröffentlichte die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus ein Memorandum, in dem sie erklärte, dass «die Schweiz den Sklavenhandel, die Sklaverei und den Kolonialismus als historische Manifestationen, die [...] einem die betroffenen Menschen und Völker zutiefst verletzenden und schädigenden rassischen Menschenbild angehören, verurteilen kann und muss». Die Kommission ist zudem der Ansicht, dass «die vergangenen, bis heute nachwirkenden Folgen dieser historischen Ereignisse und insbesondere ihr Anteil am wirtschaftlichen Entwicklungsrückstand der betroffenen Länder und an der verzögerten politischen und sozialen Umstrukturierung anerkannt werden müssen». Aus diesem Grund unterstützt sie «das Prinzip einer Wiedergutmachung [Y], bekräftigt aber die ihrer Ansicht nach vorrangige Bedeutung einer öffentlichen moralischen Anerkennung des durch Sklavenhan?del, Sklaverei und Kolonialismus verursachten Unrechts durch die Schweiz».
Wenige Monate später unterzeichnete die Schweiz die Erklärung von Durban zum Abschluss der dritten Weltkonferenz gegen Rassismus, die im September 2001 in Südafrika stattfand. Hier zwei interessante Ausschnitte aus diesem Text, auf den sich die Schweiz und die anderen 162 an der Konferenz teilnehmenden Ländern geeinigt hatten. In Paragraph 13 heisst es: «Wir erkennen [...] ferner an, dass Sklaverei und Sklavenhandel ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind.» In Paragraph 158 (des Aktionsprogramms) hält die Konferenz fest, «dass diese historischen Ungerechtigkeiten unleugbar zu Armut, Unterentwicklung, Marginalisierung, sozialer Ausgrenzung, wirtschaftlicher Ungleichheit, Instabilität und Unsicherheit beigetragen haben, wovon viele Menschen in verschiedenen Teilen der Welt betroffen sind [...]. Die Konferenz erkennt die Notwendigkeit an, im Rahmen einer neuen [...] Partnerschaft Programme für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung dieser [afrikanischen, vom Sklavenhandel betroffenen] Gesellschaften und der Diaspora [...] auszuarbeiten [...].»
Der beschlossene Wortlaut lässt, wie man sieht, die Tür offen für ein öffentliches Schuldbekenntnis und stellt Möglichkeiten einer verstärkten Entwicklungshilfe, einer besseren Eingliederung in die westlichen Märkte und der Schuldenstreichung, wenn auch keine Wiedergutmachung in Aussicht. Die westlichen Staaten und mit ihnen die Schweiz scheinen bereit, das Unrecht anzuerkennen, das dem afrikanischen Kontinent angetan wurde, und Formen der Wiedergutmachung für die Vergangenheit zu erwägen, sind aber nicht besonders erpicht darauf, mit ihrem Reuebekenntnis rechtlichen Schritten Vorschub zu leisten. «Wir sind bereit, uns unserer Vergangenheit zu stellen, doch das Ziel von Durban ist nicht, Experten- und Juristenkammern zusätzliche Fälle aufzuhalsen, indem wir sie beauftragen, die durch Kolonisierung und Handel verursachten Schäden zu beziffern», meinte etwa Charles Josselin, der nach Südafrika entsandte französische Minister für Entwicklungszusammenarbeit.
Der Vertreter der Schweiz in Durban, Jean-Daniel Vigny, betonte in Reaktion auf die Entschädigungsforderungen, die von afrikanischer Seite an Länder gestellt werden, die vom Handel mit Schwarzen profitiert haben, eine solche Forderung stelle für die Schweiz kein besonderes Problem dar, da «wir mit Sklaverei, dem Sklavenhandel und dem Kolonialismus nichts zu tun haben». Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus liess im März 2002 an einer nationalen Konferenz zum Thema «Die Schatten der Vergangenheit und die Last der Bilder. Rassismus gegen Schwarze in der Schweiz» ähnliche Töne vernehmen. Sie verurteilte den Sklavenhandel und unterstützte das Prinzip der Entschädigung, betonte bei dieser Gelegenheit aber, dass «die Schweiz keine Kolonialmacht war und sich auch nicht an der Sklaverei in Afrika beteiligt hat».
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Tages-Anzeiger, 17. Juni 2020
Tages-Anzeiger, 29. Juni 2020
«David, Etemad und Schaufelbuehl hüten sich davor, ihr eigenes moralisches Empfinden in die Vergangenheit zu projizieren und die Schweizer Beteiligung am Sklavenhandel als moralisch verabscheuungswürdig zu charakterisieren. Vielmehr zeigen sie, dass Schweizer auch einen gewissen Anteil am Wandel hatten, der in der moralischen und rechtlichen Wertung der Sklaverei seit der Zeit, da diese eine universelle Praxis war, eingetreten ist. Laut den Autoren waren es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erst Einzelne und aufklärerisch gesinnte Intellektuellenzirkel, die sich gegen die Sklaverei wandten.» Neue Zürcher Zeitung
«Eine wissenschaftliche, jedoch leicht lesbare Studie.» Neue Zürcher Zeitung am Sonntag
«Ein Standardwerk, das die Beteiligung von Schweizern an Sklaverei und Sklavenhandel im 18. und 19. Jahrhundert untersucht.» Tages-Anzeiger
«Eine fundierte Quellenstudie.» Frankfurter Rundschau
«Die sachliche Sprache zur Beschreibung eines emotional aufgeladenen Themas trifft den Leser mit ungewöhnlicher Härte. Eine der vielen Qualitäten dieses Buches.» Nordbayerischer Kurier
«Mit ihrer Arbeit liefern die Verfasser einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu der anhaltenden Debatte um einen kausalen Nexus zwischen dem auf unfreier Arbeit aufgebauten Plantagensystem Amerikas und dem Wachstum des europäischen Industrie- und Finanzkapitalismus.» H-Soz-u-Kult
«Insgesamt stellt das Buch eine gelungene Synthese der vielschichtigen schweizerischen Beteiligung am transatlantischen System der Sklaverei dar. Es verbindet in überzeugender Weise exemplarische qualitative Ausführungen mit Ansätzen quantitativer Makroanalyse, prosopographischer Untersuchung von Netzwerken und mentalitätsgeschichtlichen Überlegungen.» Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
«The courage of the author to embrace great risks while researching should serve as a good example to researchers in other European countries, such as in Austria, in their attempts to debunk the myth that ‹we-did-not-have-any-slaves-and-colonies›.» The African Courier