Auswanderung ins Glück
Walter Hauser

Auswanderung ins Glück

Die Lebensgeschichte der Kathrin Engler

136 Seiten, gebunden, zahlr. Abb.
Oktober 2002
SFr. 24.80, 26.– €
vergriffen
978-3-85791-415-7

Schlagworte

Auswanderung
     

In der «Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder» in Grabs verlieben sich das Waisenkind Kathrin Schäpper und der Sohn des Heimleiters, Werner Engler. 1924 wandert Werner nach Kanada aus, und Kathrin, 16-jährig, geht nach Basel, wo sie als Küchengehilfin arbeitet. Fünf Jahre lang bleibt sie ohne ein Lebenszeichen von Werner, dann kommt überraschend Post aus Übersee. Ihr Jugendfreund schreibt, er habe eine Farm übernommen, ob sie nicht kommen und ihn heiraten möchte. Kathrin zögert keine Sekunde.

Das Buch nach dem erfolgreichen Film «I’m just a simple person» von Stefan Haupt.

Walter Hauser
© Ursi Schnyder-Mahr

Walter Hauser

Walter Hauser (1957–2022), aufgewachsen im Kanton Glarus. Dr. iur., Ex-Kantonsrichter, langjähriger Redaktor u. a. bei der «Sonntagszeitung» und beim «Sonntagsblick». Gründer und Stiftungsratspräsident der Anna-Göldi-Stiftung, die sich gegen Justiz- und Behördenwillkür engagiert und 2017 das Anna Göldi Museum in Glarus eröffnete.

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Im Sommer 1929 ...

Im Sommer 1929 fasste Kathrin, die «Anstältlerin» aus Grabs im Sankt Galler Rheintal, einen mutigen Entschluss: Sie packte ihre Reisekoffer, fuhr über den Ozean nach Kanada und heiratete Werner, ihre Jugendliebe.Nach dem Willen von Werners Vater hätten die beiden nicht heiraten dürfen. Dass sie ihren eigenen Weg gegangen sind, hat Kathrin nie bereut. Sie war mit Werner 53 Jahre lang glücklich verheiratet und hatte mit ihm sieben gesunde Kinder grossgezogen.

Im Herbst 2002 feiert Kathrin ihren 95. Geburtstag. Sie ist heute Grossmutter von 18 Enkeln und Urgrossmutter von 26 Urenkeln, und jedes Jahr an Weihnachten trifft sich die ganze Familie zum Fest. Und jedesmal fragt sie sich, ob sie beim nächsten Mal noch dabei sein wird. 1981 war Werner das letzte Mal dabei, er ist 1982 gestorben.

Werner hatte Lungenkrebs, und als er endlich zu einem Arzt ging, war der Krebs schon weit fortgeschritten. «Er wollte sich nicht behandeln lassen, und nach zwei Jahren ging es ihm schlechter», erzählt Kathrin. Sie war fast rund um die Uhr in seiner Nähe und tröstete ihn, wenn er seine Schmerzen kaum aushalten konnte. Nach mehrwöchigem Leiden wurde er erlöst.

Er wurde auf dem Friedhof in Langley, einem belebten Vorort der Grossstadt Vancouver, beigesetzt. In Langley hatten sie zuletzt ein schmuckes Einfamilienhaus bewohnt. Kathrin wir dereinst neben Werner ihre letzte Ruhe finden, das hat sie in ihrem Testament so verfügt.

«Für mich lebt Werner weiter», sagt sie. Sie schläft immer noch im ehelichen Doppelbett. Werners Kleider hängen noch im Schrank, nichts hat sie weggeworfen, alles sorgfältig aufbewahrt: Unzählige Briefe, Fotos, die Uhr, welche sie ihm nach 50-Ehejahren zur Goldenen Hochzeit im Jahr 1979 geschenkt hatte.

Beide sind im Bauerndorf Grabs im Sanktgaller Rheintal aufgewachsen. Ihr Zuhause war die «Anstalt», die «Werdenbergische Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder». Dennoch waren sie unterschiedlicher Herkunft. Kathrin, geborene Schäpper, war ein Waisenkind: «just a simple person», «ein einfaches Putzmeitli», wie sie selbst sagt. Werner war zu Höherem berufen. Er war der Sohn des angesehenen Lehrers Gallus Engler, Heimleiter der «Rettungsanstalt». Eine Heirat von Kathrin und Werner wären in der Schweiz unmöglich gewesen, ist Kathrin überzeugt. «Die Englers waren strikt dagegen.» Werner hat nach seiner Auswanderung nach Kanada mit seinem Vater gebrochen. Dieser kam nie zu Besuch nach Kanada, und Werner fuhr auch nie mehr in die Schweiz zurück. Kathrin und Werner sind Ende der Fünfzigerjahre kanadische Staatsbürger geworden.

Die Standesunterschiede haben in Kanada keine Rolle gespielt. «Hier schauten die Leute nicht auf mich herab, hier respektierten sie mich», sagt Kathrin. «Alle sind gleich, so ist das hier.»

Werner und Kathrin haben sich zeitlebens geliebt. Als 1924 sich ihre Wege vorübergehend trennten und Werner nach Kanada auswanderte, haben sie einander Treue geschworen – und das Versprechen gehalten. Kathrin sagt, sie habe in ihrem Leben nur einen Mann geliebt: Werner.

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Die Südostschweiz, 25. Oktober 2002
Werdenberger & Obertoggenburger, 25. Oktober 2002


«Hauser macht keinen Roman, vor allem keinen Liebesroman – gottlob. Vielmehr bleibt er seinem Stil der Recherche treu, wird nie sentimental. Sein nüchterner, aber doch einfühlsamer Ton kommt dem Inhalt sehr entgegen. Hauser geht gut mit den Personen und deren Schicksal um. Er zeigt ihnen gegenüber Respekt, ist nie Voyeur und beweist das nötige Gespür für die richtige Distanz.» Die Südostschweiz

«Es war ein einfaches Leben, das die am 30. September 95 Jahre alt gewordene Kathrin Engler führte, und doch ist ihre Lebensgeschichte voller Spannung. Das Verdienst von Buchautor Walter Hauser ist es, diese Geschichte ebenfalls in einfachen und schlichten Worten zu erzählen. Der Schreibstil korrespondiert so mit dem Leben von Kathrin Engler, lässt deren Gefühle und Gedanken nachempfinden. Es ist kein Heldenepos, der Autor vermittelt eine zwar ungewöhnliche, aber nicht dramatische Geschichte, die gerade deshalb auch einen treffenden Einblick in ein Stück Zeitgeschichte gibt. Erzählt wird auch die Geschichte vom konservativ geprägten Auswanderungsland Schweiz und des liberalen Einwanderungslandes Kanada anfangs des letzten Jahrhunderts.» Werdenberger & Obertoggenburger

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