Schweizerspiegel
Meinrad Inglin

Schweizerspiegel

Roman

Herausgegeben von Georg Schoeck / Mit einem Nachwort von Beatrice von Matt

Meinrad Inglin – Gesammelte Werke in Einzelausgaben [5]

904 Seiten, Leinen
Die vorliegende Ausgabe beruht auf dem Text der Erstausgabe (Staackmann Verlag, Leipzig 1938), August 2014
SFr. 49.–, 49.– € / eBook sFr. 29.90
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978-3-85791-744-8

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Der Erste Weltkrieg in der Schweiz als Familienepos

Ein grossangelegter Familienroman erzählt die Geschichte der Schweizer Neutralität m Ersten Weltkrieg, vom Besuch des deutschen Kaisers in der Schweiz im Jahr 1912 über die Wahl des Obersten Wille zum General im August 1914, die 'Oberstenaffäre' von 1916 und den Rücktritt des Bundesrats Hoffmann im Jahre 1917 bis zum Ende des Landesstreiks 1918. Das Oberhaupt der grossbürgerlichen Familie, Nationalrat Ammann, ist der Typus einer zu Ende gehenden Epoche. In seinen drei Söhnen spiegeln sich die Tendenzen der Zeit. Während Severin und Paul nach extremen politischen Richtungen auseinanderstreben, bleibt Fred, der jüngste der Brüder, der mehr und mehr zum Mittelpunkt des Romans wird, in einer gemässigten Mitte. So wird dieses Werk zu einem einzigartigen Zeitdokument, das dank Inglins Meisterschaft auch für heutige Leser nichts von seiner Eindringlichkeit verloren hat.

Meinrad Inglin
© Keystone / Photopress Archiv

Meinrad Inglin

Meinrad Inglin (1893–1971) aus Schwyz zählt zu den bedeutendsten Schweizer Schriftstellern. Nach Abbruch einer Uhrmacher- und Kellnerausbildung sowie des Gymnasiums studiert er Literaturgeschichte und Psychologie in Genf und Neuenburg. Arbeit als Zeitungsredaktor und ab 1923 als freier Schriftsteller. Für sein Werk (vor allem Romane und Erzählungen, einzelne Aufsätze, Notizen und eine Komödie) wurde Inglin vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Grossen Schillerpreis und dem Gottfried Keller-Preis.

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Beatrice von Matt

Beatrice von Matt

Beatrice von Matt, geboren 1936 in Basel, Studium in Zürich, Paris und Cambridge. Sie promovierte 1964 bei Emil Staiger mit einer stark beachteten Dissertation über «Die Lyrik Albin Zollingers». Die Literaturkritikerin und Publizistin übte eine vielfältige Kritikertätigkeit in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften aus. Bis 1995 war sie Literaturredakteurin der «Neuen Zürcher Zeitung». Mitarbeit bei kulturellen Organisationen, unter anderem seit 1998 Stiftungsrätin der Schweizerischen Kulturstiftung Pro Helvetia. 2022 erhielt sie die goldene Ehrenmedaille des Kanton Zürichs. Ihre Hauptgebiete sind Theater, deutschsprachige und besonders auch schweizerische Literatur des 20. Jahrhunderts.

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Leseprobe

Im September 1912 kam der deutsche Kaiser in die Schweiz, um sich die Manöver des dritten Armeekorps anzusehen, für ihn ein unverfängliches Vorhaben, wie es schien, für die bescheidene Republik aber, die er in den zwei Jahrzehnten seiner Regierung einer solchen Beachtung nie gewürdigt hatte, eine Sensation.

An einem regnerischen, herbstlich kühlen Tage traf der hohe Gast mit ansehnlichem Gefolge in Zürich ein und stieg in einem Hause ab, dessen Vergangenheit seinem kaiserlichen Wesen angemessen erscheinen mochte, in der ehemaligen Villa Wesendonck. Die feierlich erregten Willkommensartikel der bürgerlichen Presse, die Begrüßung am Bahnhof durch die obersten Landesbehörden, die Ehrenkompagnie, die Fahrt durch die beflaggten Straßen und der Jubel des Volkes bewirkten einen Empfang, wie er auch einer reichsdeutschen Stadt nicht besser hätte gelingen können. Das militärische Schauspiel war vorbereitet, mit aller Sachlichkeit übrigens, die Manöver wurden reif zur Besichtigung. Die 5. Division bewegte sich als Flügeldivision einer supponierten blauen Armee von Zürichsee her gefechtsmäßig gegen Nordosten und stieß an diesem Tage mit ihren Spitzen auf die 6. Division, die als Flügeldivision einer ebenfalls supponierten, vom Bodensee her anmarschierten roten Armee schon über das Thurknie bei Wil vorgedrungen war. Nur das Wetter ließ zu wünschen übrig. Die Nebelschwaden, die nach mehreren Regentagen auch jetzt wieder über die Stadt hinzogen, und der Gedanke an das schmutzige, nasse Manövergelände, das der Kaiser morgen besuchen sollte, ärgerten jedermann. Aber auch das Wetter zeigte sich noch gefügig, in der Nacht hellte es wider alle Erwartungen auf, und am nächsten Morgen blaute über dem ganzen Land ein unglaubwürdig wolkenloser Himmel.
Kindlers Neues Literatur Lexikon
Frankfurter Rundschau
Schweizerzeit, 31. Januar 2014
Die Wochenzeitung WOZ, 4. September 2014
Luzerner Rundschau, 19. September 2014
P.S.-Buchbeilage, 9. Oktober 2014
Journal 21, 16. Oktober 2014
Orte. Schweizer Literaturzeitschrift, Nr. 179/2014
Literarischer Monat, Ausgabe 19, Dezember 2014
NZZ am Sonntag, 4. Januar 2015
Salve, 3/2015

«Der gewichtigste Schweizer Roman der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.» Kindlers Neues Literatur Lexikon

«Meinrad Inglins ‹Schweizerspiegel› ist die Summa der Deutschschweizer Literatur über den Ersten Weltkrieg.» Literarischer Monat

«Meinrad Inglins literarischer Zugriff verwandelt die Daten, Informationen und Fakten der Journalisten und Wissenschafter für den Leser in aufwühlende Erfahrung.» Peter K. Wehrli, Orte

«... ein starkes Lektüreerlebnis, das vor Jahrzehnten mein Bild jener Epoche nachhaltig geprägt hat. Es machte mir damals die ‹weltanschaulichen und politischen Spannungsfelder› soweit bewusst, dass ich aktuelle 100-Jahr-Rückblicke problemlos einordnen kann. Ich riskiere den Umkehrschluss: Wer nach dem medialen Anstoss lebendig-fundierten Hintergrundstoff sucht, wird durch Inglin dank der zurecht gerühmten, sehr sorgfältigen Mischung ideal bedient.» P.S.

«Was das Buch heute noch bemerkenswert macht, ist die hohe Kultur seiner Menschenauffassung, die ausserordentliche Höflichkeit im Umgang mit jedem Andersdenkenden darin. Der andere hat gewissermassen immer den Vortritt. (...) Der Krieg der anderen, den es gilt, um keinen Preis bei sich fortzusetzen, ist ein Lehrmeister darin, dass Konflikte den Kompromiss und nicht den Kampf erfordern. Das ist die Erziehung abseits von Verdun, die im Buch alle durchlaufen ...» Jürgen Manthey, Frankfurter Rundschau

«Der ‹Schweizerspiegel› ist das wichtigste Werk von Meinrad Inglin. Es treibt, aus heutiger Sicht betrachtet, Ursachenforschung. Es erzählt, warum und wann jenes ‹Fähnlein›, das Gottfried Keller noch aufrecht hielt, zur Flagge einer Biedermannschaft umgeschlagen ist. (...) Im ‹Schweizerspiegel› erfahren wir, wann und warum die Schweiz sich entschloss, ihr Staatsgefüge als ‹Grand Hotel Excelsior› an den Abgrund zu stellen.» Thomas Hürlimann

«Inglin hat seine Erlebnisse als Soldat im Ersten Weltkrieg erst in den dreissiger Jahren zum Romanstoff verarbeitet, weil er die Demokratie als grundsätzliche Alternative zum Faschismus und Stalinismus zeigen wollte Dabei sind ihm Gedanken von anhaltender Aktualität gelungen.» WOZ

«Der besondere künstlerische Reiz dieses Buches ist es, dass die Frauen – in der beherrschenden Rolle der Mutter und in dem Schicksal der Gertrud Ammann – durch alle Verstrickungen der Zeit die Sicht auf die zeitlosen Fragen des Lebens hinlenken. Damit findet dieser große politische Roman der Schweiz seine rein menschliche Lösung, die alle politischen Grenzen und Deutungen überschreitet. So wird dieses Werk über die künstlerische Bedeutung hinaus zu einem einzigartigen Zeitdokument, das auch für heutige Leser nichts von seiner Eindringlichkeit verloren hat.» Luzerner Rundschau

«Für [Inglin] gab es kein Austerlitz und kein Borodino, keine Grossfürsten und Hofdamen zu schildern, sondern bloss die Geschichte eines kleinen Landes, das sich unter dem Druck äusserer Bedrohung auf einen Ernstfall vorbereitete, der nie eintrat. So gelang es Meinrad Inglin, ein Meisterwerk zu schaffen, dessen Bedeutung für die Schweizer Geistesgeschichte derjenigen von Tolstois ‹Krieg und Frieden› für die russische nicht nachsteht.» Urs Bitterli, Journal 21

«Apropos Inglin: Dessen Hauptwerk, der grossartige Roman ‹Schweizerspiegel›, ist gerade im Zürcher Limmat Verlag wieder erschienen, und zwar in der Fassung der Erstausgabe von 1938, nicht in der vom Autor selbst gekürzten späteren Version, gediegen ausgestattet und mit einem klugen Nachwort von Beatrice von Matt versehen. Falls Sie dieses Buch noch nicht besitzen, empfehle ich Ihnen, es umgehend anzuschaffen.» NZZ am Sonntag

«Einer der grössten Schweizer Romane liegt hier glücklicherweise in einer textkritischen Edition wieder vor.» Salve

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