Urs Schaub
Der Salamander
Ein Tanner-Kriminalroman
TatortSchweiz [4]
360 Seiten, gebundenAugust 2012
978-3-85791-684-7
Missionare, Sekten und Drogen im friedlichen Dorf
Nach einem glücklichen Jahr mit der schönen Solveig im Norden kehrt der charismatische Ermittler Simon Tanner in sein Dorf zurück. Gleich auf dem Bahnsteig macht er Bekanntschaft mit einem etwas gehetzten jungen Mann in einem zu leichten Anzug, der in Spanien unschuldig im Gefängnis gesessen haben will. Eine Drogengeschichte. Tanner hat das Gefühl, auf ihn aufpassen zu müssen. Gleichzeitig nimmt Tanners Freund Serge Michel, Abteilung Leib und Leben, einen Mordfall wieder auf, der vor fast dreissig Jahren ungelöst ad acta gelegt worden war. Die attraktive und ehrgeizige Lara Wille soll ihn übernehmen. Michel hofft insgeheim, sie über den absehbaren Misserfolg loszuwerden. Aber schon bald kommt vieles in Bewegung und scheinen die beiden Fälle überraschend zusammenzuhängen, und schon bald ist Simon Tanner in beide verstrickt und beginnt auf seine unnachahmliche Art zu ermitteln. Ohne das erotische Abenteuer aus den Augen zu verlieren …
© Yvonne Böhler
Urs Schaub
Urs Schaub, geboren 1951, arbeitete lange als Schauspielregisseur und war Schauspieldirektor in Darmstadt und Bern. Als Dozent arbeitete er an Theaterhochschulen in Zürich, Berlin und Salzburg. 2003–2008 leitete er das Theater- und Musikhaus Kaserne in Basel, 2006–2010 war er Kritiker im «Literaturclub» des Schweizer Fernsehens. Urs Schaub lebt in Basel.Tanner erwachte ...
Tanner erwachte mit demselben Gefühl der Beunruhigung, mit dem er eingeschlafen war.Im Schlaf verwandelte sich dieses Unbehagen in ein zähes, klebriges Gespinst, das ihn ganz und gar umwickelt hatte, und er konnte sich noch so viel herumwälzen, es hielt ihn die ganze Nacht fest in seinem Griff. Erst ganz früh am Morgen schien es sich wie ein Nebel aufzulösen, und er konnte immerhin noch eine Weile tief und fest schlafen.
Nachdem Lara Wille bis weit über Mitternacht ihren Fall (es war natürlich bereits ihr Fall) referiert hatte, und er ihr ein paar Ratschläge hatte geben können – nämlich wie man am gescheitesten an so was nicht herangehen sollte –, bequemte sie sich dann endlich, mit der angekündigten Information über Jean D'Arcy herauszurücken. Das war ja immerhin die eigentliche Begründung ihres Treffens gewesen.
Zuerst einmal hatte sie den Sachverhalt seiner Verhaftung vor über fünf Jahren geprüft und bestätigt erhalten. Jean D'Arcy sei tatsächlich an einem kleinen Grenzübergang zwischen Frankreich und Spanien von den spanischen Behörden wegen Besitzes und versuchten Schmuggels von Kokain im Wert von zweihundertfünfzigtausend Franken verhaftet worden. Er sei abseits der großen Grenzübergänge zu Fuß über die Grenze gegangen. Ein Grenzübergang in den Bergen, irgendwo in den Pyrenäen, wohlgemerkt! Auch dies sei doch merkwürdig und auffällig, meinte die frischgebackene Kriminalistin. Er sei dann ohne viel Federlesens zu sieben Jahren Haft verurteilt worden und wegen guter Führung nach fünf Jahren entlassen und abgeschoben worden. Nach Spanien dürfe er allerdings nicht so schnell wieder einreisen. An dieser Stelle hatte sie kurz Atem holen müssen, was Tanner eine vorsichtige Anmerkung erlaubt hatte, im Sinne von ... viel Anderes habe Jean D'Arcy ja auch nicht behauptet.
Ja, schon, hatte sie gekontert, aber er habe ja drauf bestanden, dass er unschuldig verhaftet worden sei. Man habe ihm die Drogen sozusagen heimlich ins Gepäck implantiert. Von wegen. Ihre Recherchen hätten ergeben, dass der ach so unschuldige Jean D'Arcy hierzulande ein behördlich bekannter Drogenabhängiger gewesen sei, mehrfach in Kliniken eingewiesen und vorbestraft – ebenfalls wegen Drogendelikten, und jetzt komme der Hammer, Tanner solle sich bitteschön festhalten: Er sei in ein Mordfall verwickelt gewesen! Also, Mord sei vielleicht etwas zu viel oder zu vorschnell behauptet, schränkte sie gleich etwas ein, aber: Er sei immerhin in eine dubiose Geschichte um eine verschwundene Frau verwickelt gewesen, deren Leiche man aber nie gefunden habe. Jean D'Arcy sei zeitweise verdächtigt worden, sie umgebracht zu haben. Dafür habe es Anschuldigungen durch Zeugen gegeben, aber mangels Beweisen und weil man eben die Leiche der Frau nie gefunden habe, sei der Fall als ungeklärt abgelegt und die Anklage gegen D'Arcy fallengelassen worden. Im Übrigen sei dieser Jean D'Arcy der Abkömmling einer der reichsten Familien in der welschen Schweiz, allerdings gehöre er nicht direkt zu dem reichen Zweig im Stammbaum, sondern zu dem verarmten – aber immerhin. Was sie mit ihrem auftrumpfenden immerhin meinte, ließ sich zur späten Stunde nicht eruieren. Tanner hatte auch bereits Mitleid mit Bodmer, der allein ihretwegen auf seinem Posten ausharren musste. Der Vater D'Arcys sei selbst schon früh irgendwie in Ungnade gefallen, wegen falscher Heirat oder so, und beide Eltern seien kurz nach der Geburt von Jean bei einem Unfall ums Leben gekommen und der Kleine bei einer Tante aufgewachsen. Dies alles hatte sie praktisch ohne Atem zu holen berichtet, begleitet von einem Unter-, vielmehr einem Überton, den man nicht anders als triumphierend bezeichnen konnte. Warum dies bei ihr ein Gefühl des Triumphs ausgelöst hatte, wurde Tanner nicht klar.
Er hatte zu dem Zeitpunkt gedacht, dass sie vielleicht doch schon ein bisschen zu viel Wein getrunken habe, trotz ihrer mehrmaligen Versicherung, sie trinke nur ganz wenig. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ihm klar geworden, dass ihm nichts anderes übrig bleiben würde, als sie nach Hause zu fahren. So war es denn auch geschehen, obwohl sie sich zuerst gesträubt hatte. Der Hinweis, dass es in ihrer Testphase kein gutes Bild abgäbe, käme sie in eine Polizeikontrolle, hatte dann den Ausschlag gegeben.
Sie wohnte in einem der besten Viertel der Hauptstadt, nämlich da, wo ausländische Botschaften stehen wie Pilze im Herbstwald. Tanner hatte es tunlichst vermieden, irgendetwas über ihr Privatleben zu erfragen, obwohl er sich natürlich wunderte, wie es sich eine Polizistin leisten konnte, hier zu wohnen. Die Fahrt war schweigend verlaufen. Sie hatte die ganze Zeit die Augen geschlossen gehalten, und Tanner wusste nicht, ob sie eingeschlafen war. Exakt hundert Meter vor dem Ziel hatte sie plötzlich hellwach und ziemlich trocken bemerkt, sie hätte dann übrigens keinen Kaffee zuhause, nur im Falle eines Falles ... also, sie wolle ihm nichts unterstellen, nur falls er an so etwas herumstudiere. Tanner hatte über diese letzte Provokation nur müde lächeln können und stumm mit der Hand auf das Taxi gezeigt, das bereits vor ihrem Haus gestanden und darauf gewartet hatte, ihn wieder nach Hause zu bringen, denn sie waren ja mit ihrem Wagen gefahren.
Halten Sie direkt hinter dem Taxi. Ich kann das Auto selbst in die Parkgarage fahren. Sie ist gleich um die Ecke. Oder trauen Sie mir das nicht zu, Tanner?
Er hatte nur genickt und ein Gähnen unterdrückt.
Oh, Tanner ist müde.
Tanner lachte.
Ich habe immerhin auf meiner Reise zwei Nächte nicht geschlafen, das holt man nicht so schnell wieder auf.
Sie hatten sich eine Weile schweigend angeschaut. Sie hatte als Erste das Schweigen gebrochen.
Welche Abschiedszeremonie schlagen Sie vor, Tanner? Sie wissen ja, statistisch gesehen, fangen die meisten Verführungen beim Sich-Verabschieden an.
«Wir erliegen doch tatsächlich dem feinen Zauber um seinen charmanten Ermittler Simon Tanner. ‹Der Salamander› lesen ist, zur Ruhe kommen. Urs Schaubs magische Welt zwischen zwei Buchdeckeln macht's möglich.» Onlinereports
«Liegts am vielen Schnee, der in Urs Schaubs neuem Kriminalroman fällt, dass wir uns in diesen heissen Tagen so gern darein vertiefen? Vielleicht hat das Wetter tatsächlich ein wenig damit zu tun. Denn ‹Der Salamander› beginnt im Nebel, geht im Regen weiter und endet im dichten Schneetreiben – Abkühlung, die wir uns so sehnlichst wünschen. Doch auch im Winter könnte man Schaubs Buch gut in die Hand nehmen und nicht mehr weglegen. Denn die Melancholie, die diese Krimireihe umgibt, passt auch zu dunkleren Tagen.» Tageswoche
«Urs Schaubs vierter Krimi mit dem notorischen Einzelgänger und Frauenheld Tanner ist ein melancholisches Drama um Verbrecher, die ihrer Tat nicht gewachsen sind.» 20 Minuten
«In schaubscher Manier wird das Drama durch die genussfreudigen Helden und eine Heerschar mannstoller Weibsbilder aufgelockert. Bodenständige Lesekost.» SonntagsZeitung
«Urs Schaub hat ein Ermittlerduo geschaffen, das seinesgleichen sucht.» buchaviso
«Ein überaus spannender Kriminalroman mit dem Sympathieträger Simon Tanner.» ensuite
«Mit ‹Der Salamander› legt Urs Schaub seinen vierten Tanner-Roman vor, in dessen Mittelpunkt wiederum sein bodenständiger Protagonist steht, der nicht nur mit Spürsinn, sondern auch mit gesundem Menschenverstand und heisshungrig seine Fälle löst. Ein spannender Plot, gut geschrieben und angereichert mit klugen menschenkundlichen Beobachtungen – kurz: eine Kriminalgeschichte nicht nur für Krimifans!» Programm-Zeitung
«Jetzt können sich die skandinavischen Krimi-Autoren warm anziehen, denn jetzt zeigt mal wieder ein Schweizer, wie man Spannung und Stimmung macht! Urs Schaubs ‹Salamander› ist ein Prunkstück der Gattung Krimi: klug komponiert, gradlinig erzählt, sauber aufgelöst.» SI style
«Ein freundlicher Wirt, ein Pfarrer mit einer unklaren Vergangenheit in Afrika, eine merkwürdige Sekte und viel gutes Essen, – das alles kommt mit einer gefährlichen Gemütlichkeit daher. Da ist nichts aufgesetzt, alles rund und in sich selbst ruhend. Die ausgeprägten Charaktere sind glaubhaft, sympathisch und Land-Klischees sind auch weit und breit nicht in Sicht. Ein feiner Schweizer Krimi!» krimiblog.at
«So ist Urs Schaub auch im vierten Fall mit Tanner ein packender, spezieller Krimi geraten und beim Lesen freut man sich an der Eigenart seiner Figuren, kriegt Hunger bei den üppig beschriebenen Essgelagen und ab und zu Hühnerhaut wegen des Falles [...] Tanner ist zurück, lesen!.» lesefieber.ch
«Es ist ein Krimi mit einer eigenartigen und faszinierenden Atmosphäre. Man nimmt Teil an einer Form von schweizerischem Maigret, aber mit deutlich mehr Charakter als der Pariser. Es ist eine sinnliche Geschichte und ein grosses Vergnügen.» P.S.