Yusuf Yeşilöz
Hochzeitsflug
Roman
verfilmt als «Beyto»: beyto-film.ch
2. Aufl., September 2020
978-3-85791-622-9
Weltpremiere am ZFF, jetzt im Kino: BEYTO
Als Beyto mit seinen Eltern das Flugzeug besteigt, um seine Verwandten im tscherkessischen Dorf in der Türkei zu besuchen, freut er sich, die Freunde aus der Kindheit wieder zu sehen, obwohl ihm die Trennung von seinem heimlichen Geliebten Manuel nicht leicht fällt. Umso grösser ist sein Schock, als er überraschend mit seiner Cousine Sahar verheiratet wird. Völlig allein gelassen, stürzt Beyto in einen Strudel von Gefühlen. Die grosse Wut auf die Eltern lässt ihn jede Ehrfurcht vor ihnen vergessen, die kindliche Zuneigung zu Sahar, die er nie verloren hat, verwirrt ihn, die Angst, Manuel gegenüberzutreten, lähmt ihn. Beyto, selber noch fast ein Kind, erfährt einzig von seiner Lehrlingsbetreuerin Tania Unterstützung, und weg vom Dorf im Osten und von der Stadt im Westen, wo er seit vielen Jahren lebt, findet er langsam wieder etwas Halt.
Ironisch und humorvoll nimmt Yusuf Yeşilöz die Leserinnen und Leser mit in eine reiche Welt voller Geschichten, die in einem schmerzhaften Widerspruch steht zur grossen Einsamkeit des jungen Beyto.
Yusuf Yeşilöz
Yusuf Yeşilöz, geboren 1964 in einem kurdischen Dorf in Mittelanatolien, kam 1987 in die Schweiz. Heute lebt er mit seiner Familie in Winterthur und arbeitet als freier Autor, Übersetzer und Filmemacher. Seine Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. Sein Roman «Hochzeitsflug» wurde 2020 von Gitta Gsell unter dem Titel «Beyto» verfilmt.
Ich heiße Beyto ...
Ich heiße Beyto. Den Namen gab mir mein Großvater. Auch das Dorf meiner Eltern heißt Beyto. Dieser Name macht meine Vorfahren seit Generationen in ihrem für mich ziemlich weit entfernt liegenden Land stolz und berühmt wie die Sonne. Den Ruf seiner Familie umschrieb mein Vater einmal mit einem einzigen Satz: «Fällt der Name ‹Beyto›, bleiben alle Flüsse stehen!» Dieser Stolz der Familie hat für mich, der ich in meiner Schule lediglich ein Immigrantenkind war, nur so viel bedeutet wie ein Stückchen Stroh. Bei uns zu Hause in der Bischofstraße wurde sehr viel über das Dorf gesprochen, das für meine Eltern einen größeren Wert hatte als hochkarätiges Gold. Meine Eltern wiederholten täglich mehrmals Anekdoten aus dem Dorf, die für sie lustig, für mich aber bedrückend waren und mir wie ein ausgekauter Kaugummi vorkamen. Ich wollte nicht mehr hören, wie sie seit Jahren ununterbrochen vom Dorf sprachen und einander immer wieder die gleichen Geschichten erzählten, die in der Dauerfremde ihr einziges Vergnügen waren. Noch nie habe ich verstanden, warum die farbigen Facetten aus dem kargen Dorf den wichtigsten Gesprächsstoff meiner Eltern bildeten. Ihre Liebe für das Dorf hatten sie nie abgelegt, sie hielten am Dorf fest, wie eine Türe an der Zarge fixiert ist.Beyto war der Name meines Großvaters. Und auch sein Großvater hieß Beyto. Den eigenen Kindern durfte man nicht den Namen des Vaters geben, sonst gäbe es ein Durcheinander mit den Namen. Großvater Beyto konnte uns von zehn Urgroßvätern mit Namen Beyto erzählen. All diese Großväter seien groß und gerade gewachsen gewesen wie 6 eine Pappel, erzählen die Nachkommen. Der Wunsch des Großvaters war, dass auch ich meinen Enkelsohn Beyto nennen würde. Der Name Beyto stand jedoch auch für edel. Keine Frau, die einen Beytomann heiratete, durfte kleiner als der Türrahmen sein. Sie sollte einen starken Gesichtsausdruck haben wie ein General, ihre Schönheit musste berühmt und in die Erzählungen, die Generationen, gar Jahrhunderte überlebten, eingegangen sein. Zudem musste die Frau einen geraden Wuchs haben und auf ein adliges Pferd ohne Hilfe springen können. Selbstverständlich besaß meine Mutter all diese Eigenschaften, denn sie war selbst eine Beyto. Sie heiratete meinen Vater, der ihr Cousin war und dem sie gleich nach der Geburt versprochen worden war.
Da ich der einzige Nachkomme meines Vaters bin, sollte ich nun für die Berühmtheit und Langlebigkeit des edlen Namens Beyto sorgen, und das bedeutet, zunächst viele Kinder zu zeugen, wobei die Zahl der Jungen die der Mädchen übersteigen muss. Ich darf keine kleine Frau heiraten, meine Kinder müssen groß und schlank sein. Und mein erster Enkelsohn würde auf jeden Fall Beyto heißen.
WochenZeitung WoZ, 10.März 2011
Literaturkritik.de, 4. April 2011
Saiten. Ostschweizer Kulturmagazin / April 2011
Schweizer Radio DRS 3, 12. April 2011
Kulturtipp, Nr. 11/11
EKZ Bibliotheksservice, April 2011
Der Landbote, 1. Juni 2011
Neue Zürcher Zeitung, 11. Juni 2011
Aargauer Zeitung, 15. Juni 2011
queer.de, 16. Juli 2011
Lesenblog.de, 23. März 2012
wortmax.de, 26. April 2021
Der Evangelische Buchberater, Juni 2021
«Mit viel Einfühlungsvermögen und erzählerischer Anschaulichkeit gestaltet Yeşilöz seinen Stoff. Bald zügig und nüchtern, bald etwas ausschweifender entwickelt er die Handlung bis er seinen Helden in die Ausweglosigkeit geführt hat. Wie er das Tempo seiner Erzählung zu variieren weiss, so moduliert Yeşilöz auch die Tonlage: In die lakonische Sachlichkeit setzt er als Farbtupfer teils kühn gewagte, teils symbolisch aufgeladene Sprachbilder. Sein Mitgefühl verteilt er derweil unter die Figuren: Weder die der Tradition verpflichteten Eltern noch Beytos verständnisloser Freund werden blossgestellt. Sie alle finden sich wieder als überforderte Beteiligte in einem unlösbaren Konflikt. Ihr Dilemma stellt Yeşilöz anrührend und anschaulich dar.» Neue Zürcher Zeitung
«Dass persönliche Zufriedenheit für ihn langfristig, so evoziert seine Flucht, nur außerhalb der herkömmlichen Strukturen denkbar ist, lässt wenig Hoffnung auf eine gesellschaftliche Entwicklung, die von gegenseitigen kulturellen Lernprozessen geprägt ist. Der Umgang mit Homosexualität zeigt, so auch wohl die Botschaft des Autors, das Entwicklungsstadium einer Kultur, den Grad, wie man anderes toleriert.» literaturkritik.de
«Es gelingt Yeşilöz die Leser in dem Dazwischen zu fangen, in dem Beyto selbst gefangen ist: zwischen den eigenen Wünschen und dem Verständnis für die anderen.» Saiten. Ostschweizer Kulturmagazin
«Der Autor bleibt ganz nah an Beyto, sogar Wortwahl und Tonfall der Romansprache sind von seinem Mund abgeschaut. Das verleiht dem Buch eine Glaubwürdigkeit, die der Autor seinen realen Vorbildern unter den Kindern von Migrantenfamilien schuldet.» WochenZeitung WoZ
«Migration taucht im Werk von Yusuf Yeşilöz immer wieder auf. Das hat mit seiner Biografie zu tun. 1964 in einem kurdischen Dorf geboren, kam er 1987 in die Schweiz. Heute lebt er als Autor und Journalist mit seiner Familie in Winterthur. ‹Hochzeitsflug›, der Titel seines neuen Romans, lässt uns ahnen, was den Helden bei seinem Flug in die Heimat erwartet. Nicht nur seine Freunde, die wiederzusehen Beyto sich freut, sondern auch eine Verheiratung. Die Cousine Sarah ist die Vorausbestimmte. Was niemand weiss und Beyto eisern verschweigt: Er ist schwul. Die Folgen sind absehbar. Weil er sich nicht outen kann, verliert Beyto den Freund. Retten kann er sich nur durch die Flucht nach England, wo er sich nach und nach wiederfindet. Homosexualität und Zwangsehe sind die Themen, die Yeşilöz zu einer reichen Geschichte bündelt, deren Kern wir jedoch zu kennen glauben.» Aaargauer Zeitung
«‹Hochzeitsflug› ist ein Muss für Reisefreudige: Man reist mit diesem Buch in einen Familienkosmos, in dem wie in jeder Familie ausgesprochene und unausgesprochene Rituale gepflegt werden. Yeşilöz schreibt Kopfkino vom Feinsten.» DRS 3
«Yeşilöz zeigt in seinen Werken stets beide Seiten: In einfacher, aber bildreicher Sprache schildert er das Eingebettetsein in der dörflichen Kultur mit ihren Ritualen genauso wie die Nöte solcher, die aus der Konvention ausbrechen.» Kulturtipp
«Yeşilöz schreibt diesmal wieder in einer wunderbaren Mischung aus Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit, mit Wohlwollen und Augenzwinkern. Er schildert den schwierigen Weg zwischen verschiedenen Kulturen und auch verschiedenen Lebensentwürfen. – Lesenswert.» EKZ Bibliotheksservice
«Mit ‹Hochzeitsflug› ist dem 47jährigen Autor ein Roman gelungen, der präzise aufzeigt, wie Homophobie und Zwangsheirat alle Beteiligten ins Unglück reißt. Kann der Ehrenkodex erst überwunden werden, wenn sich (schwule) Migranten-Söhne emanzipieren und sich der Realität stellen wie es am Schluss des Romans heißt? Klar ist: Es geht nicht ohne Auseinandersetzung und Kampf. Und es bedarf viel Mut, Mut von vielen!» queer.de
«Zwei Welten nur zwei Flugstunden voneinander entfernt. Und beide haben ihre starken Seiten. Für Beyto aber sind sie nicht lebbar. Das ist die Tragik dieser Geschichte, die schon deshalb lesenswert ist, weil Yeşilöz sie mit grossem Humor und offenem Herzen erzählt.» Lesenblog.de
«Yusuf Yeşilöz trifft den Tonfall und die Sprache seines Protagonisten glaubwürdig und mit grossem Einfühlungsvermögen. Dabei schöpft er aus dem Vollen: mal lakonisch sachlich, mal waghalsig, mal mit symbolkräftigen Metaphern. Die einfache und dennoch bildhafte Sprache wird der dörflichen Kultur und ihren Ritualen ebenso gerecht wie denen, die mit den Konventionen brechen wollen. Yeşilöz verurteilt nicht, sondern beschreibt den unlösbaren Konflikt berührend und für jeden Beteiligten nachvollziehbar.» Renate Bojanowski, wortmax.de