Werner Bosshard, Beat Jung
Die Zuschauer der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft
Mit Fotografien von Lothar Jeck, Carl Jost, Björn E Lindroos, Josef S Schmid, Paul Senn, Hans Staub, Milou Steiner, Maurice Wassermann
1., Aufl., April 2008
978-3-85791-555-0
Schon früh rücken Fotografen die Zuschauer und deren Emotionen ins Zentrum ihrer Bilder. Nicht der Ball oder die Torhüterparade geben die Sujets ab, sondern das Publikum. Dieser Band zeigt Fotos bekannter Fotografen wie Paul Senn oder Hans Staub, aber auch von unbekannten Reportern, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts bei den Spielen der Nationalmannschaft in den Stadien von Basel, Bern, Genf und Zürich fotografierten.
Die Texte präsentieren nicht nur ein Stück Fotografiegeschichte, sondern erstmals auch die Fangeschichte der Nationalelf: Es geht um die Zuschauer als Schweizerfähnchen schwenkende Patrioten, als Fanatiker und pöbelnde Hitzköpfe, als logistisches Problem, als Zeitgenossen, die im Amüsier-Betrieb der Fussball-Partys neueren Datums aufgehen. Länderspiele waren über Jahrzehnte Fest und Vergnügen am Sonntagnachmittag. Wie heute zum Public Viewing versammelten sich die Leute auch ausserhalb der Stadien vor den Radioapparaten und hörten gemeinsam die Live-Berichterstattung.
Werner Bosshard
Werner Bosshard, geboren 1966, Historiker, Redaktor beim Historischen Lexikon der Schweiz (HLS) in Bern, in dessen Bildredaktion zuständig für die Infografik. Forschungen zu sozial- und wirtschaftshistorischen Fragestellungen der Schweizer Geschichte.Beat Jung
Beat Jung, geboren 1964, Publizist, Herausgeber und Mitautor von «Die Nati – Die Geschichte der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft». Aufsätze zur Sportgeschichte (u.a. «‹Sau-Tschinggen› – Fussball und Italienerhass in der Schweiz»).Vorwort
Die Nati und ihr Publikum – ein Stück Schweizer Geschichte
Fussballfotografie – Fokus Seitenlinie
Fotografien
Anhang
Vorwort
Dieses Buch überrascht mit seiner Perspektive: dem Blick auf das Publikum der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. 6,8 Millionen Zuschauer haben bis heute die über 300 Heimspiele der «Nati» besucht. Diese fussballbegeisterten Menschen sind unser Thema. Entstanden ist ein Fussballbuch, das fast ohne Ball und Fussballer auskommt: ein Report über die Fussball-Schweiz am Tag des Länderspiels.
Obwohl auf den hier versammelten Fotografien oft und mitunter überschwänglich gejubelt wird, ist dieser Bildband kein einfacher «Jubelband», sondern ein kritisches Sachbuch: das Resultat des Zusammenspiels von Fotografie- und Alltagsgeschichte. Die Bilder dokumentieren die Zuschauer- und Fankultur in der Schweiz. Gleichzeitig rufen sie das Schaffen von Pressefotografen in Erinnerung, von denen die meisten in Vergessenheit geraten sind.
Bei der Recherche haben wir die illustrierte Schweizer Presse durchgearbeitet und in den Archiven der Fotografen und Agenturen nach Glasplatten, Negativen und Fotoabzügen gesucht. Die vorgelegte Bildauswahl ist repräsentativ im Hinblick auf Bildmotive und Reporter, die an Länderspielen in hiesigen Fussballstadien fotografierten. Der grösste Teil der in diesem Buch abgedruckten Zuschauer-Fotografien wird erstmals veröffentlicht; erstmals erhalten die Zuschauer ein Publikum.
Die Suche nach schriftlichen Hinweisen auf das Publikum der Nationalmannschaft war aufwändig. Denn in den Spielberichten der Presse stehen nicht die Zuschauer im Zentrum, sondern die Akteure auf dem Rasen. Die Ausbeute hat aber die Mühe gelohnt: Was an beiläufig hingeworfenen Bemerkungen über die Schaulustigen auf den Rängen der Schweizer Stadien zusammengekommen ist, war ergiebig genug, um ein Massenphänomen mit seinen wichtigsten Facetten zu erfassen. Wenn die Zuschauergeschichte streckenweise einer Collage von Presseauszügen gleicht, so ist das beabsichtigt. Den zitierten Schriftstücken ist Esprit und Charme eigen; ihr Tonfall ist Ausdruck ihrer Zeit.
Im Textteil wird die Geschichte des «Nati»-Publikums komplett nachgezeichnet: vom ersten Heimspiel 1908 bis zur Euro 2008. Nur bis in die 1970er-Jahre reicht die Zeitspanne der im Fototeil dieses Buches präsentierten Aufnahmen. Die zeitliche Beschränkung hat einen Grund: Spätestens in den 1970er-Jahren löste das Fernsehen die illustrierten Zeitschriften als Hauptmedium für Bilder ab. Die Fotoreportage als journalistische Form war ins Abseits gedrängt.
Werner Bosshard und Beat Jung
Die Bilder sind urheberrechtlich geschützt: Keine Verwendung irgendwelcher Art ohne Genehmigung des Verlags.
Schweiz — Schweden 3:2 |
Schweiz — Tschechoslowakei 4:0 Stadion Rankhof, Basel, 3. April 1938 (Lothar Jeck) Schweiz — Belgien 2:2 Stadion Hardturm, Zürich, 22. November 1953 Fotograf unbekannt, Comet Schweiz — Ungarn 0:1 Stadion St. Jakob, Basel, 15. November 1970 Fotograf unbekannt (Actualité Suisse Lausanne) Schweiz — Türkei 4:0 Stadion Hardturm, Zürich, 26. September 1971 Fotograf unbekannt (Actualité Suisse Lausanne) |
«Regelwerk und Ziel des Spiels haben im Laufe der Zeit kaum Veränderungen erfahren. Warum denn auch, hat das Spiel an sich doch alles gewonnen, was es seither zu gewinnen gab. Vor allem die Herzen, jene der Spielenden und nicht weniger die das Publikums. Das Publikum aber hat im Gegensatz zum Konzept des Spiels seine quasi morphologische Veränderung erfahren. Das ist das Thema des wohl interessantesten Fussball-Buchs, das zur Euro 08 erscheint – und ohne ein Verfalldatum ist.» NZZ am Sonntag
«VOLLTREFFER. Friede, Freude, fein betuchte Menschenmengen. Bei diesen historischen Fotos mit Zuschauern der Schweizer Nationalmannschaft geht einem das Herz auf. Fussball und Zivilgesellschaft schliessen einander nicht aus. Klar, ausgerastete Prolls und durchgeknallte Emotionen gab es schon immer, so selbstverständlich, dass sie auf diesen Fussballfotos kaum auftauchen. Die Sensation hier ist die staunende, jubelnde Masse. Tor! Bemerkenswert sind auch die Aufsätze über Zuschauer als Wirtschaftsfaktor, weibliches Publikum, Triumphzüge, Sportjournalismus ... Erstes Foto: Genf, 14. Mai 1943, Schweiz gegen Ungarn. Letztes Foto: Basel, 24. Mai 1977, Schweiz gegen die Tschechoslowakei. Sieger ist in jedem Fall: Wer diesen Fotoband sein Eigen nennt.» Basler Zeitung
«Ein prächtiges Buch, in dem der Zuschauer der Star ist.» Der Bund
«Zeitlos ist dagegen der grossformatige und grossartige Band ‹Die Zuschauer der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft›. Die Hälfte des Buches zeigt eindrückliche Schwarzweissbilder von Spielen der Nati zwischen 1920 und 1970, wobei das Geschehen auf den Rängen im Fokus steht. Fotos, die heutigen Sicherheitsexperten die Haare zu Berge stehen lassen, Fotos aus einer anderen Welt, als es noch keine «Public viewing» und keine Grossleinwände gab. Die andere, textlastige Hälfte des Buches rollt die Geschichte des Massenphänomens Fussball in der Schweiz anschaulich auf. Für den Fall, dass unsere Nati aktuell nicht überzeugen sollte: Zumindest dieser Band ist europäische Spitzenklasse unter Fussballbüchern.» Neue Luzerner Zeitung
«Zu Beginn der Schweizer Länderspielgeschichte fand sich jeweils viel Prominenz im Stadion ein, die Honoratioren der Stadt nahmen auf der Ehrentribüne Platz; allerdings waren bereits vor dem Ersten Weltkrieg nahezu alle sozialen Klassen bei Spielen der Schweizer Mannschaft vertreten – darunter viele Buben und vereinzelt auch schon Frauen. Diese ausgeprägte soziale Durchmischung des Publikums war nicht zuletzt die Folge der moderaten Eintrittspreise; Arbeitslose etwa erhielten noch bis in die 1970er-Jahre vergünstigte Karten für Länderspiele.» Der Bund
«Ein Werk, das zweifellos den Titel des schönsten Schweizer Fussballbuchs der letzten Jahrzehnte verdient hätte. In den Archiven der renommiertesten Schweizer Sportfotografen, bei Verlagen, Verbänden und Fotoagenturen haben die Autoren Werner Bosshard und Beat Jung nach Bildern von Länderspielen gesucht, die nicht das Spielfeld, sondern dessen Umgebung zeigen. Das Ergebnis ihrer aufwendigen und von grosser Hingabe zeugenden Recherche ist auf rund 150 Schwarz-Weiss-Seiten zu bestaunen. Bosshard und Jung ist ein ausser-gewöhnliches Buch gelungen: ein Fussballbuch ohne Ball und Rasen. Selten machte eine konsequent andere Perspektive so viel Freude.» Wochenzeitung WoZ
«Das wunderbare Spiel dient nur noch als Randerscheinung zur grossen Party. Gefordert und gesucht ist dagegen die öffentliche Zurschaustellung von Ausgelassenheit, genannt ‹Public Viewing›. So war die Idee des Sportjournalisten Beat Jung und des Historikers Werner Bosshard eigentlich nur konsequent: nicht die Fussballer und ihr Spiel, sondern das Publikum in den Mittelpunkt einer Untersuchung zu stellen. Ihr Ergebnis ist phantastisch. Jung und Bosshard bieten überaus interessante Überlegungen zur Entwicklung von Zuschauerzahl und –Verhalten. Und sie veröffentlichen gleichzeitig eine grandiose Fotosammlung, die die Kunstform der Sportfotographie dokumentiert.» Work
Bilder aus diesem Buch sind auch als Postkarten erschienen.