Anton Moos (Hg.)
Black Box Swissair
21 Stimmen zu Höhenflug und Absturz
April 2003
978-3-85791-423-2
Jetzt kommen ehemalige Angestellte der Swissair zu Wort. Sie berichten von ihrer zum Teil jahrzehntelangen Tätigkeit bei der Swissair, von deren Krise mit all den Veränderungen im Management und in der Betriebskultur, von Ungereimtheiten, Hoffnungen und Enttäuschungen. Sie alle wurden entlassen, einige fanden eine neue Stelle oder kamen bei der Swiss unter, andere sind noch heut arbeitslos.
Die 21 Berichte wurden von den Betroffenen selbst verfasst in den Monaten unmittelbar nach der Entlassung. Sie ergeben eine vielfältige und sehr persönliche Innenansicht des Swissair-Debakels.
Anton Moos
Anton Moos, geboren 1947, wohnt in Horgen, Vater von drei Kindern, Personalberater in einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum in Zürich, vorher im Arbeitsmarktzentrum Swissair; diverse kulturelle Projekte.Den ehemaligen Swissair-Angestellten eine Stimme geben
Anton Moos
«Ich konnte und wollte mir eine Zukunft ohne Swissair nicht vorstellen.»
N.B., Maître de Cabine Asp.
«Gewisse Kreise in der Wirtschaft hatten gar kein Interesse am Überleben der Swissair.»
R.M., Präsident der Personalkommission SAirGroup
«Nach 34 Jahren Betriebszugehörigkeit kam die Kündigung unvorbereitet per Post an einem arbeitsfreien Tag.»
F.P., Angestellte Gate Gourmet
«Gerne hätte ich auf die grosszügige Abfindung verzichtet und weitergearbeitet.»
J.G., Bordmechaniker SR Technics
«Ich liebte diese Uniform, sie bedeutete für mich ein Stück Identifikation.»
B.S., Customer Service Manager Swissport
«Der Niedergang der Swissair war das Werk des Verwaltungsrates sowie der CEOs und CFOs.»
R.J., Instruktor Flugpersonal Swissair
«Man kann sich auf die heutigen Manager nicht mehr verlassen.»
R.B., kaufmännische Angestellte Gate Gourmet
«Vom Wandel der Flugzeugtechnik war ich begeistert, er führte zu einem ständigen Lernen.»
E.M., Betriebstechniker SR Technics
«Ich gab alles.»
B.K., Personalassistentin Swissair
«Nach 23 Dienstjahren endete meine Swissair-Karriere mit einer einzigen Folie.»
B.A., Captain A-330
«Am gleichen Tag, wie ich den Betrieb als Festangestellte verliess, wurden bereits neue Temporär- Arbeiterinnen eingestellt.»
A.T., Angestellte Gate Gourmet
«Die Swissair bildete eine besonders intensiv miteinander verbundene Familie.»
M.M., Leiter Human Resources SAirGroup
«Schon immer wollte ich Teil der Swissair sein.»
L.A., Luftverkehrsangestellte Swissport
«Ist das nicht alles kriminell?»
C.K., Koch Gate Gourmet
«Grosse Teile der alten Swissair-Kultur gingen langsam und schleichend verloren.»
M.A., Captain MD-11
«Ich erlebte zusammen mit vielen Besatzungen eine tolle, ganz enorm bereichernde Zeit.»
J.F., Maître de Cabine
«Die meisten Mitarbeiter sahen primär nur ihre beschränkte ‹Swissair-Welt›.»
H.K., Maschinentechniker SR Technics
«Die Arbeit war ohne jede Ernsthaftigkeit, das Ganze schien eine einzige Show zu sein.»
A.C.A., Projektmanager SAirGroup
«Ferien können wir uns dieses Jahr nicht leisten, nicht einmal an die Expo können wir gehen.»
R.P., Angestellter Gate Gourmet
«Jeder kommt nur als Arbeitskraft, aber nicht als Mensch zur Arbeit.»
T.P., Angestellte Gate Gourmet
«Die Swissair besass stets das neuste Flugmaterial.»
A.K., Instruktor SR Technics
Chronologie der Swissair 1931—2002
Glossar
Den ehemaligen Swissair-Angestellten eine Stimme geben
Nach dem Niedergang der Swissair führte ich beruflich während etlicher Monate Gespräche mit Entlassenen aus den verschiedensten Berufen in den zahlreichen Teilbetrieben der SAirGroup. Täglich hallten neue Berichte durch die Medien, doch mich interessierte in erster Linie, was die direkt betroffenen Menschen über «ihre» Swissair zu berichten hatten. Für sie, die jahrelang in diesem Betrieb und für diesen Betrieb gearbeitet hatten, war das jähe Ende ein grosses Elend.Die Zeitungen und Fernsehsendungen füllten sich mit Stellungnahmen von Politikern, Bankmanagern und Gewerkschaftssprechern, und bei vielen Leuten schlich sich eine Angst ein: Wenn die Swissair Bankrott gehen würde, wäre vielleicht der Zeitpunkt nicht mehr fern, wo es jeden in der Schweiz treffen könnte.
Je länger ich zuhörte, desto mehr wuchsen Achtung und Respekt für diese Menschen, die oft jahrzehntelang ihre besten Kräfte diesem Unternehmen zur Verfügung gestellt hatten. Das «Aushängeschild der Schweiz» in aller Welt wurde getragen von der täglichen zuverlässigen und beherzten Arbeit dieser Leute. Und allmählich reifte in mir das Vorhaben, ihre Erfahrungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vielleicht würden da und dort Vorurteile korrigiert und neue Gedanken angeregt.
Durch vertiefte Gespräche erfuhr ich mehr und mehr über die einzelnen Lebensgeschichten.Unglaublich schien es mir, als schliesslich rund zwanzig ehemalige Angestellte über ihre Erlebnisse bei Swissair nicht nur redeten, sondern sie auch zu Papier brachten. Die Texte entstanden im Frühjahr 2002 nur kurze Zeit nach der Entlassung in einer für alle unsicheren Situation. Gefühle, Erinnerungen und Gedanken bahnten sich einen Weg aus dem Verborgenen: «Ihre Swissair, unsere Swissair» stieg nach dem Schock des Niedergangs Buchstaben für Buchstaben wieder ins Bewusstsein zurück.
Neben der technischen Black Box ist hier eine menschliche Black Box gefunden worden, in der einige Eindrücke aus der ehemaligen Belegschaft aufzeichnet sind. Die Autoren und Autorinnen erzählen uns ihre persönlichen Geschichten, sie berichten von den eher sorglosen Wachstumsjahren, aber auch aus der Zeit, als sich das Gebälk in der «besten Fluggesellschaft der Welt» unter der Überbelastung langsam zu biegen begann und schliesslich dem Druck von den verschiedensten Seiten nachgeben musste.
Mühsam wie eine Bergtour war es für viele, das leere Blatt nach anfänglicher Begeisterung Schritt für Schritt zu füllen. Doch wie erfreulich und befriedigend war es dann, zu sehen, wie sich die Erzählungen allmählich zu einer «Swissair-Landschaft» zusammenfügten. Die Berichte sprechen für sich und geben so einen Einblick nicht nur in die Geschichte der Swissair, sondern auch in die heutigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in unserem Land.
Als Herausgeber stand ich den Schreibenden mit Rat und Tat zur Seite und überarbeitete ihre Beiträge sprachlich und inhaltlich. Ich war darauf bedacht, die Erzählungen so authentisch wie nur möglich zu belassen, denn dies ist ein Geschichtenband und kein weiteres Sachbuch über die Swissair. Im Zweifelsfall gab ich der Version der Autorin oder des Autors den Vorzug, auch wenn das eine oder andere für geübte Buchleserinnen und -leser hin und wieder etwas holprig scheinen mag. Einige fremdsprachige Mitarbeitende haben mir ihre Geschichte erzählt, und ich habe sie anschliessend in ihrer «Tonlage» nachgeschrieben. Alle Autorinnen und Autoren erzählen das, was sie persönlich erfahren, gehört und gespürt haben. Es ist zu bedenken, dass dies keine nachrecherchierten Berichte sind, die objektiv wahr sein müssen. Da einige Autorinnen und Autoren nicht mit vollem Namen an die breitere Öffentlichkeit treten wollen, schliessen sich alle Beteiligten diesem Wunsch an und zeichnen ihre Berichte mit Initialen.
Den Arbeiterinnen und Arbeitern von Gate Gourmet räume ich etwas mehr Platz ein. Ihre Stimmen sind mir besonders nahe gegangen, denn Sie gehören neben andern zu den Hauptleidtragenden, und viele von ihnen sind in eine Notlage geraten. Ich wünsche ihnen, dass sie Wiedergutmachung erfahren werden.
Als Orientierungshilfe finden die Leserinnen und Leser im Anhang eine Chronologie zur Geschichte der Swissair und ein Glossar zu den verwendeten Fachbegriffen.
Allen Autorinnen und Autoren danke ich ganz herzlich für ihre engagierte Arbeit, die sie trotz Entlassung und unsicherer beruflicher Situation auf sich genommen haben. Ich bedanke mich auch für das Vertrauen, dass sie mir als Herausgeber geschenkt haben. Dem Verlag danke ich für die sehr angenehme Zusammenarbeit und für die wertvollen textlichen und inhaltlichen Korrekturen und Anregungen.
P.S., 13. März 2003
Sonntagsblick, 16. März 2003
St. Galler Tagblatt, 18. März 2003
Der Bund, 18. März 2003
Tages-Anzeiger, 07. April 2003
«Es ist schon viel geschrieben worden rund um den Niedergang der Swissair. ‹Black Box› ist eine authentische Arbeit. Hier wird ein grosser und stolzer Betrieb auf den Punkt gebracht, den Mittelpunkt: den Menschen.» Sonntagsblick
«Das Buch ist wichtig, weil es eines der trübsten Kapitel der Schweizer Wirtschaftsgeschichte um Ansichten von innen und von unten ergänzt, Gefühle, Befindlichkeiten und persönliche Einschätzungen werden weder ausgeklammert noch beschönigt.» Tages-Anzeiger