Solange Zeit bleibt / Dum vacat
Fabio Pusterla

Solange Zeit bleibt / Dum vacat

Gedichte Italienisch und Deutsch

Herausgegeben und übersetzt von Hanno Helbling / Mit einem Vorwort von Hanno Helbling / Mit einem Nachwort von Massimo Raffaeli

160 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Februar 2002
SFr. 38.–, 38.– €
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978-3-85791-378-5

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Die zweisprachige Sammlung stellt den Lyriker mit einem Querschnitt durch sein gesamtes bisheriges Werk erstmals auf Deutsch vor. Fabio Pusterlas erster Gedichtband – «Concessione all'inverno» (Zugeständnis an den Winter) – im Jahr 1985 war ein Ereignis und wurde in Italien mit dem Premio Montale ausgezeichnet. Seither hat sich diese neue lyrische Stimme mit acht Publikationen in der italienischen Literatur etabliert.

Der Widersprüchlichkeit heutiger Welterfahrung begegnet Pusterla vor allem mit einer dramatischen Syntax, deren Spannungen und Brechungen diese Gegensätze spiegeln. Dabei überschreitet er unerschrocken die Grenzen der Gemütlichkeit, durch Geröllhalden und Asphaltlandschaften weht ein eisiger Wind. Das Klima von Schmerz und Verzweiflung erinnert dabei nicht selten an Giacomo Leopardi, wie bei ihm wird die Kunst zum Trost in der Unwirtlichkeit.

Gedichte aus: Concessione all'inverno, Vorwort von Maria Corti, Casagrande, Bellinzona, 1985 (und 2001). Bocksten, Marcos y Marcos, Mailand, 1989. Le cose senza storia, Marcos y Marcos, Mailand, 1994. Pietra sangue, Marcos y Marcos, Mailand, 1999

Fabio Pusterla
© Archiv Marcos y Marcos

Fabio Pusterla

Fabio Pusterla, geboren 1957 in Mendrisio und Studium in Pavia, lebt in Norditalien und unterrichtet in Lugano am Gymnasium italienische Literatur. Er ist Lyriker, Essayist und Übersetzer aus dem Französischen und dem Portugiesischen, war Mitherausgeber der Zeitschrift «Idra». Mit seinem ersten Gedichtband «Concessione all'inverno» 1985 wurde er schlagartig bekannt. Aus dem Französischen hat er ein Grossteil des Werks von Philippe Jaccottet übersetzt.

Fabio Pusterla erhielt 1986 für sein Debüt den Premio Montale. Auch sein weiteres Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Premio Prezzolini und dem Premio Metauro, dem Gottfried Keller-Preis oder dem Vito Moretti Preis für sein Lebenswerk (siehe Bibliografie).

Porträt des Schriftstellers, SRF 1998: «Fabio Pusterla»

Dokumentarfilm von Francesco Ferri, 2018: «Libellula gentile – Fabio Pusterla»

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Hanno Helbling

Hanno Helbling

1930–2005, geboren in Zuoz, Engadin. Schulen und Studium in Zürich, Promotion in Geschichte, Deutscher Literatur und Vergleichender Literaturgeschichte 1953. Weitere Studien in Neapel, München, Rom bis 1956. Verlagslektor in Zürich bis 1958. Redaktor der Neuen Zürcher Zeitung von 1958 bis 1995; Leiter der Feuilletonredaktion von 1973 bis 1992. Seit 1994 in Rom.

Publikationen zur Geschichtstheorie, zu spätmittelalterlicher Geistesgeschichte und neuester Kirchengeschichte; Essays zu literarischen Themen. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung; Ehrendoktor der Universität Freiburg.

Übersetzungen, vorwiegend lyrischer Texte, aus dem Französischen (Charles Ferdinand Ramuz, Benjamin Constant, Marcel Proust), Englischen (William Shakespeare, W. H. Auden) und Italienischen (Giacomo Leopardi, Eugenio Montale, Giuseppe Ungaretti, Giorgio Caproni, Mario Luzi, Dino Campana, Fabio Pusterla).

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Gedicht Italienisch und Deutsch

Altra febbre Wieder Fieber
Sono i pinguini dai denti lunghi
le spade di fuoco i cavalli
con zoccoli dorati
sono i minuscoli mostri
che strisciano sulle colline
stritolando conigli
perché l’altissima febbre dice solo
una cosa non tanto sbagliata:
i coniglietti sono in pericolo, sempre,
gli eserciti armati.
Es sind die langzahnigen Pinguine
die Feuerdegen die Pferde
mit den vergoldeten Hufen
es sind die winzigen Untiere
die über die Hügel kriechen
und Kaninchen zermalmen
denn das ganz hohe Fieber sagt nur
etwas gar nicht so Falsches:
Die Kaninchen sind stets in Gefahr
die Heere in Waffen.

La pagina, 08. Mai 2002
Neue Zürcher Zeitung, 13. Juni 2002
Tessiner Zeitung, 11./12. Juli 2002
Der kleine Bund, 27. Juli 2002
St. Galler Tagblatt, 25. November 2002
Altravita.de, 03. März 2003
Der Landbote, 07. Januar 2004
Eckstein, September 2018
Salto, 31. Mai 2023


«Pusterla legt gleichsam zärtlich die Hände auf diese Erde und fühlt ihren Puls. Eine Art heiterer Melancholie liegt über seinen Gedichten, das Wissen, ‹dass es für ihn nichts anderes gibt› - und auch die Gewissheit, dass die Migräne wieder aus dem Kopf weicht, den Blick wieder freigibt. Vordergründig scheinen alle Wege auf den Friedhof zu führen, doch sie geleiten auch davon weg. Eine Frage der Richtung. Und der Sprache: ‹Doch waren wir hier, um die Sprache zu hüten. / Nicht jeden Tag, nicht zu jeder Stunde / des Tages; nur dann und wann.› Solange Zeit bleibt.» Der kleine Bund

«Dass Pusterlas Gedichte bei aller Hoffnungslosigkeit und Düsternis oft einen dramatischen Glanz haben, liegt an der Unerschrockenheit, mit der er seine Dialoge mit Menschen und Landschaften bis an die Grenze führt, wo die Konturen verschwinden und das Nichts sie verschluckt. Die Erfahrungen, die er als Grenzgänger im Negativen macht, geben vielen Versen eine herausfordernde und lebendige Intensität, vor allem, wo sie sich an ein Du wenden.» Neue Zürcher Zeitung

«Der trostlose Pusterla rückt einem näher, als einem lieb ist. Pusterlas Krieg ist nicht heroisch, getragen vom Taumel der Masse, Pusterlas Krieg ist einsam, verängstigt und schon lange jenseits des Zweifels. ‹Solange Zeit bleibt› ist unangenehm aktuell, gerade weil es sich jede (nicht: jeder) Interpretation versagt. Bilder von Isolation, Stummheit, Einsamkeit und Mißtrauen gegen die Stoßrichtung der Zivilisation ziehen sich durch den Band, an keiner Stelle geben die Bilder des Schweizers einen Blick frei auf eine Alternative, eine Theorie, die Trost, Hoffnung oder auch nur Bedeutung verspricht. Adorno, der knochentrockene Frankfurter, wäre auf die Knie gegangen. ‹Alles bereit. Schon länger. Sie sollen nur kommen. / Wir harren der Dinge im Herzen der Berge.› Vielleicht bleibt ja noch Zeit.» Kai Tippmann, Altravita.de

«Fabio Pusterla erodiert, asphaltiert, desillusioniert ist die Welt in den Gedichten des Tessiners. Einwürfe sind seine Worte, nicht Konjunktionen, die Geteiltes zu einem schönen Ganzen zusammenfügen. Nun ist sein Werk in einer sorgfältig gestalteten zweisprachigen Ausgabe zugänglich.» St. Galler Tagblatt (eba)

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