Gourrama
Friedrich Glauser

Gourrama

Ein Roman aus der Fremdenlegion

Herausgegeben von Bernhard Echte / Mit Texten von Mario Haldemann / Mit einem Nachwort von Bernhard Echte

460 Seiten, Leinen, als text- und seitenidentisches Taschenbuch beim Unionsverlag lieferbar

Januar 1997
SFr. 58.–, 37.– €
vergriffen
978-3-85791-246-7

Schlagworte

Literatur
     

Als die einzige Sache, zu der er stehen könne, hat Glauser seinen Legionsroman bezeichnet – um im nächsten Moment wieder daran zu zweifeln. «Gourrama» – verfasst in einer Zeit, da Glauser sich mit verschiedenen Gelegenheitsjobs als Gärtner durchschlug, war das Werk, mit dem er zentrale Erfahrungen seines Lebens verarbeitete und sich als Autor beweisen wollte. Doch niemand mochte den Roman zunächst drucken. Als er acht Jahre nach seiner Entstehung schliesslich in der Zeitschrift ABC erschien, musste er um siebzig Seiten gekürzt werden. Ausserdem begann Glauser, den die Zeit in der Legion nie losliess, ganze Teile des Werks neu zu schreiben. Denn letztlich ging es ihm in der Schilderung jenes entlegenen Postens im südlichen Marokko um keine geringere Frage, als was der Mensch sei und was ihn umtreibe.

Der Roman erscheint hier erstmals in der autorisierten Form des Manuskripts und enthält im Anhang alle gekürzten Passagen.

Friedrich Glauser
© Gotthard Schuh / Fotostiftung Schweiz

Friedrich Glauser

Biographie

1896 4. Februar: Friedrich Karl Glauser wird in Wien geboren.
1900 Die Mutter stirbt.
1902 Eintritt in die Evangelische Volksschule am Karlsplatz.
1906 Eintritt ins k. u. k. Elisabeth-Gymnasium.
1909 Berufung des Vaters an die
Handelshochschule Mannheim.
1910 Eintritt ins «Schweizer Landerziehungsheim
Glarisegg» am Bodensee.
1913 Selbstmordversuch; Rauswurf aus Glarisegg und Eintritt ins Collège de Génève. 
1915 Freiwillig vorgezogener Wehrdienst in der Schweizer Armee. Erste Veröffentlichungen.
1916 Volljährigkeit. Abbruch der Beziehungen zum Elternhaus.  Matura am Institut Minerva in Zürich. Immatrikulation als Chemiestudent an der Universität Zürich. Bekanntschaft mit Dada-Künstlern.

1917

Weigerung des Vaters, Glausers Schulden weiter zu bezahlen; Antrag auf psychiatrische Untersuchung. Teilnahme an den ersten beiden Dada-Soiréen. Entmündigungsverfahren. Tätigkeit als Milchausträger. Beginnende Lungentuberkulose,
Morphiumbehandlung.
1918 Flucht und Entmündigung durch die Amtsvormundschaft Zürich in Abwesenheit. Anfang Juni Verhaftung in Genf nach kleineren Diebstählen. Einweisung in die Psychiatrische Klinik als Morphiumsüchtiger. Diagnose: Dementia praecox. 
1919 Flucht aus der Anstalt.
1920 Zusammenleben mit Elisabeth von Ruckteschell in einer alten Mühle bei Ronco. Erneute Morphiumabhängigkeit und Verhaftung in Bellinzona, Selbstmordversuch. Nach heftigen Entzugserscheinungen und einem Blutsturz Einlieferung ins Inselspital Bern.
Nach versuchter Rezeptfälschung Einweisung in die Irrenanstalt Hollingen.
Flucht mit Hilfe Elisabeth von Ruckteschells zu Hans Raschlenach nach Baden. Eintritt in die Psychiatrische Klinik Burghölzli in Zürich. Ab Oktober mit Billigung der Behörden bei Hans Raschle in Baden.
1921 Aushilfe bei einem Lebensmittelhändler. Volontär bei der «»Schweizerischen Freien Presse». Erneute Morphiumsucht, Flucht zum Vater nach Mannheim. Eintritt in die Fremdenlegion. 
1922 Selbstmordversuch, Malaria.
1923 Ausmusterung wegen eines Herzfehlers. In Paris längerer Spitalaufenthalt und Arbeit als Tellerwäscher-Arbeit in einer Kohlegrube in Charleroi (Belgien).
1924 Malaria, Morphiumsucht, Selbstmordversuch. Nach einem im Morphiumdelirium verursachten Zimmerbrand Einweisung in die Irrenanstalt Tournai.
1925 Rückschaffung in die Schweiz; Psychiatrische Klinik Münsingen. Einweisung in die Haft- und Arbeitsanstalt Witzwil.  Selbstmordversuch.
1926 Entlassung aus Witzwil. Handlanger in der Gärtnerei Heinis in Liestal. Erneute Morphiumsucht und Rezeptfälschungen.
1927 Verhaftung wegen fortgesetzten Opiumdiebstahls in einer Apotheke. Eintritt in die Anstalt Münsingen. Psychoanalyse bei Max Müller.
1928 Hilfsgärtner. Gemeinsame Wohnung mit Beatrix Gutekunst in Basel. Beginn der Arbeit am Legionsroman «Gourrama».  Opiumrückfälle. Zusage eines Kredits von 1500 Fr.
für «Gourrama» durch die Werkbeleihkasse des Schweizer Schriftstellervereins. Aufgabe der Gärtnerarbeit und Umzug nach Winterthur zu Beatrix Gutekunst, die dort eine Tanzschule eröffnet hat.
1929 Erneute Morphiumsucht.  Schwierigkeiten mit der Werkbeleihkasse, die ihre letzte Ratenzahlung von einer Überarbeitung des Romans abhängig macht. Arbeit als Gärtner und Verhaftung nach einer Rezeptfälschung.
1930 Anstalt Münsingen. Abschluss von «Gourrama». Gartenbauschule Oeschberg. Findet keinen Verlag.
1931 Gartenbauschuldiplom. Selbstentwöhnungsversuch. Anstalt Münsingen. Nachanalyse bei Max Müller. Beginn an «Tee der drei alten Damen».
1932 Übersiedlung nach Paris mit Beatrix Gutekunst. Versuch, als freier Journalist und Schriftsteller zu leben. Opiumrückfälle. Abbruch des Pariser Experiments und Besuch beim Vater in Mannheim. Festnahme wegen Rezeptfälschung. Antrag des Vaters, Glauser lebenslänglich in der Schweiz zu internieren. Ausweisung.  Anstalt Münsingen. Ende der Beziehung mit Beatrix Gutekunst.
1933 Beginn der Freundschaft mit Berthe Bendel.  Zusage für die Stelle als Verwalter eines kleinen Gutes in Angles bei Chartres. Zustimmung des Vormunds und der Anstaltsleitung, Versicherung Berthes, Glauser zu begleiten, sie kündigt.
1934 Weigerung der Anstaltsleitung und des Vormunds, Glauser nach Angles gehen zu lassen. Unbefristete Internierung. Verlegung in die Anstalt Waldau bei Bern. Erster Preis beim Kurzgeschichten-Wettbewerb des «Schweizer-Spiegel.» Verlegung in die Kolonie Anna Müller in Münchenbuchsee. «Tee der drei alten Damen» beendet. Entlassung, Opiumrückfälle, Rezeptfälschungen.
1935 Erneute Internierung in der Waldau. Versetzung in die offene Kolonie «Anna Müller» in Schönbrunnen bei Münchenbuchsee. «Schlumpf Erwin Mord» wird fertig, Einsendung an den Morgarten-Verlag. Flucht aus der Kolonie «Anna Müller». Lesung im Rabenhaus bei Rudolf Jakob Humm.  Berthe Bendel gibt ihre Stelle in Kreuzlingen auf und kommt zu Glauser nach Basel. Rückkehr in die Waldau. Beginn mit der Arbeit an der «Fieberkurve»
1936 Annahme von «Schlumpf Erwin Mord» durch die «Zürcher Illustrierte» und den Morgarten-Verlag. Vergebliche Versuche, «Gourrama» bei der Büchergilde unterzubringen. Entlassung aus der Waldau. Kurzer Aufenthalt bei Josef Halperin in Zürich, «Matto regiert» wird fertig und von der Zeitschrift «Der öffentliche Dienst» angenommen. Lesung bei Humm im «Rabenhaus». Ankunft in Angles bei Chartres; in der Folge Bewirtschaftung des kleinen Gutes von Ernst Jucker, eines Schweizer Bankiers in Paris. Annahme der «Fieberkurve» durch den Morgarten-Verlag unter der Bedingung, dass Glauser den Roman überarbeite. Aufnahme in den Schweizerischen Schriftstellerverein. Auftrag für einen kurzen Studer-Roman vom «Schweizerischen Beobachter». «Wachtmeister Studer», Glausers erstes Buch, erscheint im Morgarten-Verlag, Zürich.
1937 «Matto regiert» erscheint im Jean Christophe Verlag, Zürich. Glausers Exposé zum Roman «Der Chinese» wird für den Wettbewerb des Schweizerischen Schriftstellervereins angenommen. Umzug nach La Bernerie (Loire). Beendigung der zweiten Fassung der »Fieberkurve».
Aufnahme einer Radiolesung. 
Beendigung von «Krock & Co.». Artikel über Gides «Retouches à mon retour de l'U.R.S.S.» und nach Erscheinen im «ABC» heftige Kontroverse mit Humm über Gides, den Stalinismus und die Linke. Tod des Vaters.
1938

Eintritt in die Klinik Friedmatt, Basel, zur Entziehungskur. Unfall im Baderaum der Klinik; Schädelbasisbruch und schwere Gehirnerschütterung. 1. Preis im Wettbewerb des Schweizer Schriftstellervereinsfür «Der Chinese». Vergebliche Bemühungen, in Basel zu heiraten. Die Schweizer Schillerstiftung spricht Glauser eine Anerkennungsgabe von 500 Franken zu. Übersiedlung nach Nervi bei Genua. Arbeit an drei verschiedenen Roman-Projekten (Ascona-Roman, Charleroi-Roman, «Mord in Angles»). Am 6. Dezember: Glauser bricht am Vorabend der Hochzeit beim Abendessen zusammen und stirbt am 8. Dezember

mehr...

«Ich habe Gourrama irgendwann beim Trödler gefunden, selten hat mich ein Buch so begeistert, und ich würde immer noch behaupten, es sei der beste Roman, der in der Schweiz in diesem Jahrhundert geschrieben wurde.» Peter Bichsel, WochenZeitung

«Es ist ein Roman, der seine Kraft aus der Erzählung seelischer Zustände gewinnt, die sich in einer unglaublich dichten Atmosphäre im fernen Nordafrika abspielen. Es ist ein Roman, der glänzend geschrieben ist und in die Welt der Legionäre einführt. Ein moderner Roman in der Tradition Prousts, aber wirklichkeitsnäher und nicht so psychologisierend wie der grosse französische Meister. Wer Glauser nicht kennt, sollte jetzt anfangen ihn zu lesen.» Deutsche Welle

«Gleich einem genialen Regisseur arrangiert und beleuchtet Glauser seine Akteure auf der winzigen Bühne des Postens. Unausweichliche Beziehungen, schwer zu durchschauen, laufen quer durch die Truppe. Wie, mit welchen Anwandlungen die Leute von einer Stunde zur andern gelangen, wie die Attacken von Durst, Hunger, Aggression, plötzlichem Begehren aufflammmen und wieder zusammensinken ... das ist mit so hinreissender Kunst der atmosphärischen Gestaltung beschworen, dass man glaubt, die Menschen in ihrer nacktesten Existenz wahrzunehmen.» NZZ

«‹Gourrama›, gefügt aus einer Reihe dichter psychologischer Momentaufnahmen und hochpoetischer Erzählplateaus, reflektiert die Unwägbarkeit des Schicksals.» Westdeutsche Allgemeine

«Auf ganz unpathetische Weise hat Friedrich Glauser mit ‹Gourrama› seinen Rang in der Weltliteratur unterstrichen.» Rheinischer Merkur

«In seinem militärischen Mikrokosmos, der die ausweglosen Bühnensituationen eines Samuel Beckett vorausnimmt, schildert Glauser als einer der ersten Schweizer Autoren das moderne Gefühl der Entfremdung in einem entmenschlichten Kollektiv. Und den menschlichen Aggressionshaushalt beschreibt er nicht weniger gekonnt als die damals noch junge Wissenschaft der Tiefenpsychologie.» Berner Zeitung

«... eine unpathetische Geschichte des stumpfsinnigen Legionsalltags. Glauser zeichnet nicht nur ein unprätentiöses Selbstporträt in der Figur des Korporals Lös, sondern es gelingt ihm auch, dem genretypischen Romanpersonal vom armen Schwein bis zum zynischen Sadisten Körper und Charakter zu verleihen.» Tages-Anzeiger

«Glauser erweist sich in ‹Gourrama› als Meister in der Beschwörung und Schilderung von Atmosphären. ‹Gourrama› kommt mühelos ohne dramatische Steigerung der Handlung und auch ohne poinitierten Schluss aus. Der grosse Reiz des Romans liegt gerade in der sensiblen Beschreibung der Monotonie und Trostlosigkeit des Legionslebens.» SF2-TXT

«Glauser verfolgt unbeirrt jede Regung seiner Figuren, bleibt ihnen so dicht auf den Fersen, dass der Mensch in seiner nackten Existenz zum Vorschein kommt.» Badisches Tagblatt