Peter Mathys
Die Steuersünder
TatortSchweiz
320 Seiten, gebundenMärz 2012
978-3-85791-676-2
An einem schönen Frühlingsmorgen sitzt Rechtsanwalt Michael Kellenberger in seiner Kanzlei und schaut durchs Fenster auf den träge fliessenden Rhein. Post und Zeitung vor sich, hat er keine grosse Lust zu arbeiten. Da meldet sich Herbert Matter von der Basler Steuerverwaltung, sein Veranlagungsbeamter. Er hat Honorarüberweisungen einer liechtensteinischen Gesellschaft entdeckt, die in Kellenbergers Steuererklärung fehlen. Der Beamte ist kreativ. Denn er hat genug von seinem öden Büro und seiner erkalteten Ehe. Ein raffinierter Plan soll ihm und seiner Geliebten zu einem schönen neuen Leben verhelfen. Kellenberger und zwei weitere Steuersünder müssen bloss ihre hinterzogenen Steuern mit ihm teilen … Alles läuft wie am Schnürchen. Doch dann wird sein Chef bei einer Routinekontrolle misstrauisch. Und liebt ihn die junge Tanja wirklich so, dass sie mit ihm ein neues Leben in Neuseeland beginnen will? Die Dinge überstürzen sich schon bald …
© Limmat Verlag
Peter Mathys
Peter Mathys, geboren 1941 in Basel, studierte in Basel und St. Gallen Recht und Wirtschaft. Arbeitete erst als Journalist, dann als Rechtsanwalt und Notar mit eigener Kanzlei. 1997 erschien sein erster Roman «In Sachen Renner», der ein Bestseller wurde. Peter Mathys lebt in Allschwil bei Basel.Matter lächelte verbindlich ...
Matter lächelte verbindlich, dann holte er zum entscheidenden Schlag aus. «Also nochmals, Herr Doktor: Gehört diese Gesellschaft Ihnen?»Kellenberger versuchte, klar zu denken. Wenn er verneinte, konnte Matter in Vaduz nachfassen. Er brauchte dort bloß einen Amtskollegen ein wenig besser zu kennen, und schon funktionierte die informelle Amtshilfe. Kellenberger hatte gepfuscht. Wenn er jedoch alles gestand, bestand die Möglichkeit, über die Höhe der unvermeidlichen Nach- und Strafsteuern zu verhandeln. Matter hatte im ersten Gespräch selber von einer günstigeren Erledigung geredet.
Kellenberger schluckte. «Ja», sagte er.
Matter wiegte den Kopf hin und her. «Das ist eine heikle Angelegenheit. Als Anwalt wissen Sie, Herr Kellenberger», jetzt ließ er den Doktortitel weg, «dass da mit beträchtlichen Nach- und Strafsteuern zu rechnen ist.»
«Ja.»
«Bei vier Millionen», dozierte Matter, «verteilt auf, sagen wir, drei Jahre, ist für die Nachsteuer bei der Bundessteuer und der kantonalen Steuer und für die Strafsteuer mit bis zu neun Millionen Franken zu rechnen. Plus Verzugszinsen natürlich.»
Jetzt machte Matter eine Pause. Seine Kugelaugen fixierten sein Gegenüber; zweifellos wollte er beobachten, was seine kleine Rechnung auslöste. Vielleicht erwartete er, dass Kellenberger zusammenbrach und anfing, um Milde zu betteln. Aber der Anwalt schwieg einfach.
Der Raum um ihn herum, Matter, das Pult, das Fenster mit dem Blick ins Freie verschwammen. Stattdessen flimmerte wie ein Film seine Lebenssituation über einen inneren Bildschirm. Sein Vermögen erreichte bei weitem nicht Matters neun Millionen. Er war geschieden und hatte seiner Ex noch während Jahren Alimente in astronomischer Höhe zu zahlen. Dass die ausfallen würden, erfüllte ihn mit bitterer Befriedigung. Seine beiden Töchter hatten sich auf die Seite ihrer Mutter geschlagen und mieden ihn seit Jahren, als hätte er die Beulenpest. Also brauchte es ihm nicht leid zu tun, wenn er ihnen kein Erbe hinterließ. In dieser kurzen Schweigeminute wurde ihm klar, dass er ein ziemlich unnützes Leben führte. Da war nicht einmal eine feste Freundin, für die er sich ein wenig verantwortlich fühlen konnte. Und seine Haushälterin aus dem nahen Elsass fand ohne weiteres eine neue Stelle, wenn das Geld für ihren Lohn nicht mehr reichte. Endlich ergriff Matter wieder das Wort. Er schien zu ahnen, dass er lange auf eine kluge Bemerkung warten konnte. Wenn man in Betracht ziehe, begann er, dass Herr Kellenberger die Unterlagen freiwillig vorgelegt und eingeräumt habe, dass die Gesellschaft ihm gehöre, komme das einer Selbstanzeige recht nahe. Da könne man sich eine stattliche Reduktion der Strafsteuer auf vielleicht das Doppelte der hinterzogenen Steuer vorstellen. «Das macht dann noch knapp fünf Millionen.»
«Also spare ich vier Millionen», sagte Kellenberger, um nicht weiter schweigen zu müssen. «Vielleicht könnte man die Strafsteuer in Anbetracht des hohen Betrages weiter reduzieren auf das Anderthalbfache.»
«Möglich – alles möglich», nickte Matter. Sachlich fuhr er fort: «Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, eine solche Schuld in Raten abzuzahlen.»
«Klar, wer kann schon fünf Millionen aus der Schublade ziehen!»
«Eben.» Matter versank wieder in Nachdenken. «Oder – ganztheoretisch – man könnte sich eine unbürokratische Regelung vorstellen, die wesentlich weniger kosten würde.»
«Wie denn das?», fragte der Anwalt, neugierig geworden. Die Verwaltung von Basel war nicht bekannt für unbürokratische Lösungen.
Matter lehnte sich zurück und fingerte an seiner Krawatte. «Wie wäre es denn –», Matter richtete seinen Blick zur Zimmerdecke, «wenn Herr Kellenberger oder die Plus-Minus ag jemandem ein Darlehen über zwei Millionen einräumen würde, rückzahlbar in fünf Jahren. Die böse Meldung der Fürstlichen Steuerverwaltung aus Vaduz könnte ja in der Post verloren gegangen sein, das kommt immer wieder vor. Dann wäre das ganze Thema bei uns hier vom Tisch, und der Darlehensgeber hätte nochmals drei Millionen gespart.»
Kellenberger verstand ihn sofort. Diese Sprache kannte er von seinen litauischen Klienten.
«Kommen Sie zu mir in die Kanzlei», sagte er. «Dann regeln wir die Einzelheiten.»
«Es beginnt die Suche nach dem Täter, die vor allem deswegen spannend ist, weil keine eindeutige Schubladisierung in Gut und Böse gemacht wird. Ein Schuldiger kann auch Opfer sein; als Leserin bangt man deshalb zuweilen um einen Straftäter und stellt sich gegen die polizeilichen Ermittler. Schauplätze wie der stets präsente Rhein, der beschauliche Münsterplatz und die altbekannte Hasenburg dürften die Basel-Verliebten besonders freuen.» Tageswoche
«In seinem wohlkonstruierten Krimi bietet uns der Jurist Peter Mathys einen Einblick in die städtische Steuerhölle. Daneben gibt es viel Lokalkolorit und allerhand spannende Verwicklungen.» 20 Minuten
«Ein Krimi aus dem Milieu von Männern, die viel Geld verdienen und doch nie genug davon haben. Aber auch ein Krimi mit einer sorgfältig konstruierten Story und pittoresken Milieuschilderungen voller Basler Kolorit.» Basler Zeitung
«Mathys schreibt mit leichter Hand und einem ausgeprägten Sinn für treffende Details, aber auch mit dem Wissen eines Juristen und einem gut entwickelten Gespür für packendes Erzählen.» Riehener Zeitung
«Aus verschiedenen Perspektiven entfaltet sich eine hochintelligente, gradlinig erzählte Handlung. Eine lohnende, geistig enorm fesselnde Lektüre.» ekz Bibliotheksdienst
«Kurzweilig und gespickt mit Basler Lokalkolorit.» Plädoyer
«Peter Mathys hat Recht und Wirtschaft studiert. Sein Fachwissen fliesst in den Krimi mit ein. Und ganz nebenbei ist Mathys ein klein wenig prophetisch ...» Schweiz am Sonntag