Album
Serge Hasenböhler

Album

Herausgegeben von Hans P Wittwer / Mit Texten von Claudia Spinelli, Markus Stegmann

132 Seiten, Fadenheftung, Klappenbroschur, 90 vierfarbige und 30 schwarz-weisse Fotografien, Grossformat
Juni 2006
SFr. 48.–, 48.– €
vergriffen
978-3-85791-513-0

Schlagworte

Fotografie
     

Am Anfang von Serge Hasenböhlers fotografischer Arbeit standen Porträts. Er fotografierte verschiedene soziale Gruppen in Basel und Paris und bereiste 1992 Rumänien. Eine weitere Werkgruppe entstand 1991 während eines Aufenthaltes in New York. 1997 wandte er sich der Farbfotografie zu: Ausgehend von Aufnahmen, die in einem hinduistischen Tempel in Basel entstanden, begann eine intensive Auseinandersetzung mit dem fotografischen Stillleben. Vor dem Hintergrund einer rund zweitausend Jahre alten Tradition spürt Hasenböhler den Beziehungen zwischen Malerei und Fotografie nach.
Diese Beziehungen werden noch intensiviert in seinen neuesten Arbeiten zum Thema Landschaft. Der Realismus der Fotografie entsteht im Zuge der ‹Bildbearbeitung›, das Wirkliche wird unwirklich, das Sinnliche übersinnlich. Die Fotografie ist ein Bild, das das Gezeigte zugleich dokumentiert und in Frage stellt.

Serge Hasenböhler

Serge Hasenböhler

Serge Hasenböhler wurde 1964 in Basel geboren und absolvierte eine Ausbildung als Kinooperateur. 1986–1987 besuchte er die Kunstgewerbeschule Basel. Von 1986–1988 liess er sich von Georg Freuler zum Fotografen ausbilden und arbeitete bis 1991 mit ihm an verschiedenen Projekten. Seit 1988 ist Hasenböhler als freischaffender Fotograf mit einem eigenen Studio in Basel tätig.

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Der Jäger im Wald oder: Wie man Stilleben schiesst

Claudia Spinelli

Eines der wesentlichen Merkmale der Arbeiten von Serge Hasenböhler ist das Format: Der überwiegende Teil seiner Bilder ist gross. Die auf ein übernatürliches Format gebrachten Motive stellen sich dem Betrachterblick entgegen und entziehen sich der Übersichtlichkeit – ganz anders, als es die Illustrationen in diesem Buch möglicherweise suggerieren. Diese Beobachtung ist deshalb so zentral, weil man Hasenböhlers Werkentwicklung von der Reportagefotografie zu einer reinen Studioarbeit leicht falsch deuten könnte. Denn anders als man vielleicht nach einem ersten kurzen Blick vermutet, geht der Rückzug ins Studio nur vermeintlich mit einer erhöhten Kontrolle einher, sondern bleibt im Gegenteil in vielfacher Weise ähnlich überraschend und vom Moment geprägt wie die Porträts von Menschen in subkulturellen oder randständig anmutenden Milieus.

Nehmen wir zum Beispiel die «Lila Fallstudie» von 2002. Vor einem lachsfarbenen Bildgrund befindet sich eine helle florale Formation, die eher schwer zu identifizieren ist. Sie ist so ins Bild geraten, dass sie an einen schematischen Kopf erinnert und – zumindest als Assoziation – ein Gegenüber abgibt. Rechts und links befinden sich zwei kleinere, zart gefiederte Blüten, farblich in einer Zone zwischen lila und himmelblau: Zusammen mit dem Lachston des Hintergrunds ergibt das einen spannungsvollen Klang.

Befänden sich um den hellen Blütenkopf nicht diese irritierenden Lichtreflexe, wäre die Fotografie nichts anderes als ein etwas ungewöhnliches Stilleben. An den glitzernden Reflexen, die um den weissen Blütenkopf abgelagert sind, findet sich jedoch ein verhaltener, aber eindeutiger Hinweis auf die Beschaffenheit des Bildgrundes: Er ist nicht etwa opak, sondern die Oberfläche einer gefärbten Flüssigkeit. Die drei Pflanzenteile liegen also nicht einfach auf einem bunten Tischtuch, sondern sie wurden in genau dem Moment aufgenommen, in dem sie die glitzernde Oberfläche des flüssigen Grundes durchbrechen, um für immer in das geheimnisvolle Fluidum einzutauchen. Hätte der Fotograf nur Zehntelsekunden später abgedrückt, dann wären sie gar nicht mehr sichtbar. Sie verdanken ihre bildhafte Existenz also nichts anderem als dem sportlichen Elan des Fotografen – oder der ausgeklügelten Technik seiner Kamera, die in der Lage ist, serielle Bildreihen zu schiessen.

Ob mit oder ohne ausgeklügelte Technik – Hasenböhler muss unzählige vergebliche Versuche unternommen haben, bis es ihm endlich gelungen ist, diesen magischen Moment einzufangen. Magisch kommt einem die gezeigte Konstellation deshalb vor, weil man den Eindruck hat, dass Hasenböhler seine Kamera dazu verwendet, um dem Lebensskript zwischen die Zeilen zu spähen. In einem normalen, alltäglichen Zusammenhang würden wir eine Konstellation, wie er sie uns auf diesem Lambda- Print zeigt, gar nicht sehen. Obwohl die Dokumentation einer realen Situation die Basis des Bildes ist, wirkt dieses künstlich und irreal.

Was die «Lila Fallstudie» überdies so besonders macht, ist das verhalten Ahnungsvolle. Die Aktion ist bloss angedeutet, nicht heftig, sondern nur an einem einzelnen Indiz, dem Glitzern, ablesbar. In anderen Blättern der Serie hingegen hat sich das Momenthafte in den Vordergrund geschoben. In der «Blauen Fallstudie» zum Beispiel durchziehen die Spritzer, die eine Meerschnecke beim Auftreffen auf die blaue Wasseroberfläche erzeugt, die Bildoberfläche wie ein feiner, malerisch anmutender Silberschleier.

Im Vergleich zum traditionell aufgefassten Stilleben hat Hasenböhler in beiden Fällen, in der «Lila Fallstudie» ebenso wie in der «Blauen Fallstudie», eine deutliche Umwertung der Gattung vorgenommen – denn dort kommt der Verfall, der auf die Üppigkeit folgt, in der Regel schleichend. Stilleben sind der Inbegriff der Ereignislosigkeit. Nicht so bei Hasenböhler: So malerisch und künstlich seine im Studio entstandenen Arbeiten anmuten, sie sind der Fotografie und ihren Bedingungen verpflichtet. Sie beziehen ihren Sinn aus einem Spannungsmoment, das sich aus der Konfrontation von Wirklichkeit und Medium generiert.

(...)
Programm-Zeitung, Juni 2006
Basler Zeitung, 11. Mai 2006 (Interview)

«Eine verzauberte Welt ist das, und Hasenböhler ist ein Hexemneister» Programm Zeitung Basel

Bilder aus diesem Buch sind auch als Postkarten erschienen.

Serge Hasenböhler

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