Alma Frick-Zollikofer, Henri Frick-Zollikofer
«Con amore» durch Südamerikas Sümpfe und Wüsten
Briefe zweier Verliebten 1901-1919
Herausgegeben von Paul Hugger
Das volkskundliche Taschenbuch [38]
336 Seiten, Broschur, etwa 20 Fotos // Nur noch letzte RESTEXEMPLARE aus dem Verlagsarchiv, bitte wenden Sie sich an den Verlag.1. Aufl., November 2004
978-3-85791-470-6
Hier wird Ungewöhnliches von zwei ungewöhnlichen Menschen berichtet, von Alma Zollikofer und Henri Frick, einem Paar, das sich nach langem Sträuben zusammenfindet: Alma, die St. Galler Patriziertochter, wohlbehütet in Sizilien aufgewachsen, Henri, Sohn eines Zürcher Schuhhändlers und ein eigentlicher Globetrotter. Die Frischvermählten brechen zu einer Honeymoon-Geschäftsreise nach Südamerika auf, die zwei Jahre dauert und von beiden Ausdauer und Härte verlangt. Anschaulich, ungeschminkt und direkt geben die Briefe Auskunft vom Gesehenen und Erlebten. Da ist von Aasgeiern, welche in Costa Rica die Küchenabfälle wegräumen, ebenso die Rede wie von blutigen Strassenrevolten in Lima, stürmischen Schiffsfahrten, Krokodilsjagden und musikverzückten Salonlöwen. Vor allem aber vermitteln diese Dokumente einen Enblick in die Lebens- und Denkweise der hispano-amerikanischen Bourgoisie in den Andenrepubliken, fern von jeder ethnologischen Besserwisserei. Hinter allem leuchten die faszinierenden Bilder der südamerikanischen Gebirgs- und Meereslandschaften auf.
Alma Frick-Zollikofer
Alma Zollikofer, geboren 1882 in St. Gallen, aufgewachsen in Palermo, wo sie 12-jährig Henri kennen lernt. Heirat 1908. Übersiedlung nach San José. Nach Henris Tod 1920 Rückkehr Almas mit Sohn Guido in die Schweiz. Sie stirbt 1962.Henri Frick-Zollikofer
Henri Frick, geboren 1870 in Wädenswil. Kaufmännische Lehre, Anstellungen in Europa und Südamerika, Gründung einer eigenen Firma.© Yvonne Böhler
Paul Hugger
Paul Hugger, 1930–2016, Studium der Volkskunde, Ethnologie und Romanistik, em. Ordinarius für Volkskunde an der Universität Zürich. Zahlreiche Publikationen über Schweizer Fotografen, zur Alltagsfotografie, Herausgeber u. a. des Handbuchs der Schweizerischen Volkskultur, «Kind sein in der Schweiz. Eine Kulturgeschichte der frühen Jahre», Herausgeber der Reihe «Das volkskundliche Taschenbuch» und Mitherausgeber «FotoSzene Schweiz» im Limmat Verlag.Aussergewöhnliches von zwei Menschen
Durch einen glücklichen Umstand blieb der schriftliche Nachlass des 2002 mit über neunzig Jahren verstorbenen Guido Frick in Zürich erhalten, ein Nachlass von Briefen und anderen Dokumenten, den der Junggeselle, vor allem im Gedenken an seine geliebte Mutter, mit grosser Sorgfalt aufbewahrt und geordnet hatte. Guido Frick (11. Januar 1912–1. Juni 2002) verlor früh, im Alter von acht Jahren, seinen Vater. Dieser starb am 21. November 1920 in San José de Costa Rica an einer Blutvergiftung. Fortan lebte der Junge in enger Gemeinschaft mit seiner Mutter, mit der ihn eine innige Beziehung verband.Es war Guidos Wunsch, dass vor allem die Briefe der Mutter ediert würden. Zu seinen Lebzeiten hatte er denn auch Zoë Binswanger, die im gleichen Haus an der Hornbachstrasse wohnte, engagiert, die aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Dokumente und Guidos Auskünften die Herkunft und Jugendzeit der späteren Ehegatten Alma und Henri Frick-Zollikofer skizzierte.
Dass die handschriftlichen Briefe, die meist nur in der früher üblichen Kohle-Durchschrift, also in Kopie, vorliegen, nicht einfach entsorgt wurden – ein Schicksal, das viele Nachlässe trifft –, ist vor allem Rosmarie Burkhard-Schindler in Fällanden zu verdanken, die, mit der Räumung der Wohnung ihres Onkels betraut, mich auf einen Hinweis von Willi Wullschleger, Privatantiquar in Tägerwilen, hin, anfragte, ob ein wissenschaftliches Interesse an diesen Texten bestehe. Sie nahm in der Folge lebhaften Anteil an der geplanten Edition, zusammen mit einigen weiteren Erbberechtigten. Leider waren die zahlreichen Ansichtskarten, welche Henri von den verschiedenen Stationen seiner ausgedehnten Reisen an seine Freunde schickte, bereits veräussert worden. Fotokopien allerdings liegen vor. Sie zeigen oft interessante Volksszenen, dokumentieren das Leben der Eingeborenen und belegen das wache Interesse Henris für diese Aspekte der Reisen. Er selbst betrieb einen schwungvollen Handel mit Ansichtskarten mit Fachverständnis, wovon auch die grafische Qualität seiner Kartengrüsse zeugt.
Der erste Eindruck, den die Durchsicht der Papiere hinterliess, war entmutigend, einerseits durch die Fülle der Dokumente – Guido bewahrte fast alles auf, bis zu Kassabons –, andererseits durch den Umstand, dass vor allem die Briefe Henris, die vor der Hochzeit in Palermo am 25. Juni 1908 die Hauptmasse ausmachen, mit ihrer sehr persönlichen, energischen und schwungvollen Schrift schwer lesbar sind, eine Schwierigkeit, die oft durch die Blässe der Kopien noch verstärkt wird. Henri hatte zudem die Gewohnheit, während der langen Verlobungszeit seiner Braut lange Briefe zu schreiben, deren Redaktion sich manchmal über Tage hinzog. Dabei ergeht er sich oft in allgemeinen Betrachtungen zu Liebe und Freundschaft, zum kommenden gemeinsamen Leben als Ehegatten und zu Fragen der Charakter- und Persönlichkeitsentwicklung. Dazu kommen religiöse Betrachtungen, Mitteilungen über gelesene Bücher usw. Wiederholungen sind dabei unvermeidbar. Es handelt sich um eine ausgesprochene Briefkultur, die uns zwar im Õberschwang der Gefühle manchmal überspannt erscheint, aber doch dadurch beeindruckt, dass sich hier ein sehr beschäftigter Handelsmann, der sich Vieles abfordert, trotz Müdigkeit hinsetzt, um mit seiner Braut einen schriftlichen Dialog zu pflegen, wobei eine Antwort erst Wochen spä ter zu erwarten war. Eine Briefkultur, die heute wohl nur noch in Spuren besteht und die sich auch damals nur durch das häufige Schreiben bilden konnte. Diese Thematik hätte an sich Sinn und Ziel einer volkskundlichen Edition sein können: Die Briefe geben Einblick in den damaligen Kommunikationsstil junger Leute, der sich nicht in Banalitäten verlor, sondern wesentliche Fragen der menschlichen Existenz und deren Sinngebung aufgriff.
Das hätte aber kaum als Motivation für die erwähnte Mühsal einer Edition ausgereicht. Was mich dazu animierte, war der Reichtum an Informationen, suggestiven Bildern und Alltagsbeobachtungen, welche die Briefe über Land und Leute in Zentral- und Südamerika um 1900 vermitteln.
(…)
«Vor allem Alma gelingt eine sehr lebendige und genaue Beschreibung von Land und Leuten. Und auch wenn bei den beiden Reisenden die Vorurteile der Zeit zum Vorschein kommen, bietete diese Edition eine Fülle von interessanten Informationen. Unbedingt empfehlenswert.» Bücher zu Lateinamerika, Köln