Frischer Fisch und wildes Grün. Essen im Tessin
Alice Vollenweider

Frischer Fisch und wildes Grün. Essen im Tessin

Erkundungen und Rezepte

170 Seiten, 40 Abb., gebunden
2., Aufl., März 2005
SFr. 28.50, 28.50 €
vergriffen
978-3-85791-459-1

Schlagworte

Tessin
     

Für ihr Lese- und Kochbuch hat die Tessin-Kennerin ebenso mit Schriftstellern und Historikerinnen wie mit Wirten, Köchinnen und Metzgern gesprochen. Sie alle erzählen, was sie kochen und welchen Stellenwert für sie die Küche im Tessin hat. Nicht zuletzt spielt der Tourismus eine wichtige Rolle bei der Bewahrung kulinarischer Traditionen. Auch davon wird erzählt, während Kastanien garen und die Minestrone im Topf köchelt. Die Wirtin von der Cantina di Gandria erzählt, was alles in ihre Fischsuppe kommt, Diego Orelli spricht von den über hundert Tessiner Käsesorten, die am grossen Käsemarkt in Bellinzona zu entdecken sind, Fabio Pusterla gibt sein Linsengericht-Rezept preis. Nicht aus Nonnas Küche stammen die Rezepte, die Alice Vollenweider gesammelt hat, sie werden heute gekocht und mit Genuss gegessen.

Alice Vollenweider
© Limmat Verlag

Alice Vollenweider

Alice Vollenweider (1927–2011), geboren in Zürich, Studium der Romanistik in Zürich, Paris und Neapel. Übersetzte Natalia Ginzburg, Luigi Malerba, Eugenio Montale und Giacomo Leopardi. Literaturkritische Aufsätze zur zeitgenössischen italienischen Literatur. Verschiedene Publikationen zur Kochkunst, zuletzt erschienen «Italiens Provinzen und ihre Küche» und «Die Küche der Toskana».

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Wohlschmeckende Hypothesen
Lust auf wildes Grün
Salmo trutta fario
Pusterlas Grenzgängerküche
Mais-Pionier in der Magadinoebene
Mimmas Rezepte
Tessiner Wurst-Alchemie
Idos Risotto
Alpkäse und Formaggini
Scarpazza auf dem Monte Tamaro
Kastanienpfad durch Wald und Küche
Mit den Winzern am Steintisch

Wohlschmeckende Hypothesen

Um es gleich am Anfang klarzustellen: es gibt keine Tessiner Küche. Wie sollte auch eine gemeinsame kulinarische Tradition entstehen in einem Gebiet von dreihunderttausend Einwohnerinnen und Einwohnern, die zum kleineren Teil in den Alpentälern, zum grösseren Teil in der Seenlandschaft von Locarno und Lugano und der Hügelzone des Mendrisiotto wohnen, die sozusagen übergangslos in die lombardische Ebene übergeht. Zwischen dem Tessin und Italien gibt es weder eine sprachliche noch eine kulinarische Grenze, und wenn Tessiner Ristoranti, Osterie oder Grotti auf ihre «cucina nostrana» hinweisen, ist das eine Leerformel, die so wenig Sinn hat wie die «cucina della nonna».

Ich habe für mein Buch den Untertitel «Essen im Tessin» gewählt, weil er nach allen Seiten offen und durchlässig ist: für die lombardische Tradition, aber auch für andere italienische Provinzen, für die Speisen des Alpenbogens und für fluktuierende Einflüsse aus Thailand, Indien oder Nordafrika. In ein paar Kapiteln habe ich selber die Kantonsgrenzen überschritten und aus dem Misox berichtet, weil ich dort oft wohnte; anderseits habe ich auch Freunde einbezogen, die im Valsolda jenseits der Grenze von Gandria leben.

Besonders interessant finde ich, dass sich im Tessin die alpinlombardische Küche in manchen Gerichten bis heute erhalten hat, weil hier die Beziehung zu den guten und edlen Produkten der Landwirtschaft sehr intensiv ist. Das hat paradoxerweise etwas zu tun mit der wirtschaftlichen Umwälzung vom Berggebiet zum Dienstleistungszentrum für Touristen und Bankkunden, die das Tessin nach 1950 in eine grosse Agglomeration ver-wandelt hat. Viele Tessiner haben in ihren Erinnerungen den Kontakt zur Dorfheimat ihrer Grosseltern bewahrt und kehren auch in Wirklichkeit in die Bergdörfer zurück, wenn sie ihre Ferien im Eltern- oder Grosselternhaus verbringen. Sie kaufen ihren Alpkäse und ihre Formaggini bei einem Käser, zu dem sie Vertrauen haben, und wissen, wie man einen Käselaib im eigenen Keller pflegt. Auch das Sammeln von Wildkrä utern im Frühling ist hier verbreiteter als in der deutschen oder der französischen Schweiz, und der Herbst gehört den Kastanien. Seit einiger Zeit werden die während Jahrzehnten vernachlässigten Kastanienselven wieder gerodet, die Bäume ausgelichtet und durch Pfropfen veredelt.

Ein schönes Beispiel für die enge Verbindung zwischen Mensch und Natur ist für mich die Villa dei Cedri, die Gemäldegalerie von Bellinzona. Sie liegt im Stadtteil Ravecchia, neben der Kirche von San Biagio in einem riesigen Park, in dem neben den gewaltigen blaugrünen Libanonzedern Bäume aus allen Kontinenten stehen. Hinter der Villa wachsen auf flachem Gelände die Reben, aus denen der Merlot Villa dei Cedri gekeltert wird. Ein guter Wein, den jeder Kunstfreund zu mässigem Preis beim Aufseher des Museums kaufen kann.

Was ich in diesem Buch über die nicht existierende Tessiner Küche erforscht und erzählt habe, verdanke ich meinen Tessiner Freundinnen und Freunden: Sie haben mich bei meinen Erkundungen beraten und begleitet, so dass aus Hypothesen, Nuancen und besonderen Akzenten schliesslich eine wohlschmeckende Realität entstanden ist. Ihnen allen sei Dank dafür, dass sie mir ihre Zeit und ihr Wissen zur Verfügung gestellt haben: Freundinnen und Freunden, Journalisten und Fotografen, Käsern und Käserinnen, Wirtinnen und Wirten, Fischern und Winzern, Metzgern und Agronomen, Köchen und Köchinnen sowie Max Rigendinger, der dafür gesorgt hat, dass die Rezepte auch den Kochtest bestanden haben.

Pâté di fegato

Elviras Rezept

250 g Hühnerleber
12 dl Rahm
1 gestrichener Esslöffel Rosmarin, gehackt
Salbei, gehackt
Basilikum, gehackt
250 g Butter
Salz
Pfeffer
1 Schuss Cognac

Die Leber enthäuten und mit dem Rahm 10 Minuten auf kleinem Feuer kochen. Zusammen mit den Kräutern in den Cutter geben und pürieren. Zugedeckt auskühlen lassen. Die Butter schaumig rühren, mit der Leber gut vermischen. Mit einem Schuss Cognac, Salz und Pfeffer würzen. In eine passende Form geben und einige Stunden kalt stellen.

Tessiner Zeitung, 7./8. April 2005
SonntagsZeitung, 10. April 2005
Schweizer Bibliotheksdienst, 11. April 2005
Buchjournal Schweiz, April 2005
Züritipp, 21.–24. April 2005
20 minuten, 26. April 2005
Schweizer Familie, 28. April 2005
Tagblatt der Stadt Zürich, 29. April 2005
Surprise, Strassenmagazin, 17./19. Mai 2005
Schweizerischer Feuilletondienst, 24. Mai 2005
Schaffhauser Nachrichten, 24. Juni 2005
Die Weltwoche Nr. 25/2005
NZZ am Sonntag, 10. Juli 2005
Coop-Zeitung, 13. Juli 2005 (Interview)
Neue Zürcher Zeitung, 10. September 2005
Saisonküche, Oktober 2005
Glückspost, 20. Oktober 2005
Schweizer Radio DRS 2, DRS2aktuell, 1. November 2005
Zürichsee-Zeitung, 10. Februar 2006
P.S., 16. März 2006
TZ Magazin, 06. März 2023


 «Ich möchte eine kleine Hymne auf Alice Vollenweider anstimmen. Frau Vollenweider ist eine schweizerische Ausnahmeerscheinung. Sie ist klug und geerdet und beides gleichzeitig. Sie weiss über das italienische Geistesleben genauso gut Bescheid wie über die Tücken der Risottozubereitung, und das eine Spezialwissen wirft interessanterweise ein warmes Licht auf das andere.» Die Weltwoche

«Ein Buch von Alice Vollenweider ist allemal ein Fest.» Buchjournal

«Überhaupt möchte man beim Durchlesen des kleinen Bändchens, das auf wundervolle Art und Weise den Duft von Kräutern zu verströmen scheint, immer wieder mal niederknien einerseits, weil einem das Wasser im Munde zusammenläuft, wenn man liest, wie die Tortilla mit Bärlauch und Kräutern zu Stande kommt, andererseits, weil die Sprache von Alice Vollenweider, die mit Winzern, Metzgern und anderen diskutierte, schlicht zum Niederknien ist. ‹Kein Zufall,dass meine Freundschaft mit Ido im Zeichen des Löwenzahns entstanden ist›, beginnt sie beispielsweise das Kapitel über die Lust auf wildes Grün. Und Meret, einer Freundin von ihr, legt sie folgende Worte in den Mund: ‹Der (Gewürze)Koffer ist mein Mischpult›.
Wer nach der Lektüre über Mais-Pioniere in der Magadinoebene, die Tessiner Wurst-Alchemie, Alpkäse und Formaggini oder die Winzer am Steintisch nicht Lust hat, die nicht-existierende Tessiner Küche in die eigene zu holen, dem ist, zumindest kulinarisch, nicht mehr zu helfen.» Surprise

«Dieses Buch ist kein Protzwerk. Sondern ein kleines, aber feines Lese- und Kochbändchen, das mit einer Anzahl ebensolcher Rezepte aufwartet. In einer Zei, wo alles immer noch schöner, noch schneller, noch auffälliger und noch perfekter ins Bild gerückt werden will, setzt es mit seinen weit über die Kantonsgrenze hinaus reichenden tessinerisch-lombardischen Küchentraditionen einen beruhigenden Kontrapunkt voller Lebensfreude und Sinnlichkeit. Und voll von einer gut tuenden Einfachheit. Hinsitzen, lesen und geniessen!» Schweizer Bibliotheksdienst

«Ein munteres und kenntnisreiches Werk über das Essen im Tessin. Ein Muss für alle kulinarisch Interessierten.» SonntagsZeitung

«Ein Kochbuch zum Lesen und ein Lesebuch für die Küche.» Tessiner Zeitung

«Ein elegantes und kluges Büchlein.» Züritipp