«Jeder sucht sein Paradies ...»
Friedrich Glauser

«Jeder sucht sein Paradies ...»

Briefe, Berichte, Gespräche

Herausgegeben von Christa Baumberger / Mit Illustrationen von Hannes Binder

520 Seiten, 16 x 24 cm, gebunden mit Fadenheftung, 85 Abbildungen und Dokumente
2. Aufl., Januar 2021
SFr. 64.–, 58.– €
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978-3-03926-005-8

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125 Jahre Friedrich Glauser

Friedrich Glauser (1896–1938) gehört zu den wichtigsten Schweizer Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Werk, das bis heute nichts von seiner Aktualität und literarischen Kraft eingebüsst hat, ist erwachsen aus den schwierigen Lebensumständen Glausers, dem Netzwerk aus Psychiatrie, Polizei, Behörden ebenso wie den Anstaltsaufenthalten, der Flucht in die Fremdenlegion und den Verstrickungen in die Morphiumsucht.

Der vorliegende Band bietet selbst Glauserkennern einen neuartigen Zugang, er taucht tief ein in die Welt des Autors in Form von Briefen – darunter zahlreiche Neufunde –, Berichten, literarischen und psychiatrischen Gutachten und Dokumenten. Der Band entfaltet eine Collage aus unterschiedlichen, zum Teil widersprüchlichen Stimmen, die Glauser in seiner ganzen Komplexität der Zeit-, Schaffens- und Lebensumstände zeigen. Mehr als die Hälfte der Dokumente sind unpubliziert, insbesondere die Gesprächsprotokolle des Vormunds: Hier hört man erstmals Glauser sprechen, unverstellt und unmittelbar am Puls der Ereignisse.

Christa Baumberger

Christa Baumberger, geboren 1974 in Zürich, ist Literaturwissenschaftlerin, Kulturpublizistin und Kuratorin. Sie leitet die Literaturstiftung Litar. Sie hat zu Friedrich Glauser promoviert und war von 2009 bis 2018 Kuratorin seines Nachlasses am Schweizerischen Literaturarchiv. 2016 hat sie die vielbeachtete Ausstellung «Friedrich Glauser – Ce n’est pas très beau» im Strauhof Zürich kuratiert. Zudem ist sie Mitherausgeberin der Prosaausgabe Emmy Hennings im Wallstein Verlag. Im Limmat Verlag ist von ihr lieferbar: Mariella Mehr «Widerworte. Geschichten, Gedichte, Reden, Reportagen».

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Friedrich Glauser
© Gotthard Schuh / Fotostiftung Schweiz

Friedrich Glauser

Biographie

1896 4. Februar: Friedrich Karl Glauser wird in Wien geboren.
1900 Die Mutter stirbt.
1902 Eintritt in die Evangelische Volksschule am Karlsplatz.
1906 Eintritt ins k. u. k. Elisabeth-Gymnasium.
1909 Berufung des Vaters an die
Handelshochschule Mannheim.
1910 Eintritt ins «Schweizer Landerziehungsheim
Glarisegg» am Bodensee.
1913 Selbstmordversuch; Rauswurf aus Glarisegg und Eintritt ins Collège de Génève. 
1915 Freiwillig vorgezogener Wehrdienst in der Schweizer Armee. Erste Veröffentlichungen.
1916 Volljährigkeit. Abbruch der Beziehungen zum Elternhaus.  Matura am Institut Minerva in Zürich. Immatrikulation als Chemiestudent an der Universität Zürich. Bekanntschaft mit Dada-Künstlern.

1917

Weigerung des Vaters, Glausers Schulden weiter zu bezahlen; Antrag auf psychiatrische Untersuchung. Teilnahme an den ersten beiden Dada-Soiréen. Entmündigungsverfahren. Tätigkeit als Milchausträger. Beginnende Lungentuberkulose,
Morphiumbehandlung.
1918 Flucht und Entmündigung durch die Amtsvormundschaft Zürich in Abwesenheit. Anfang Juni Verhaftung in Genf nach kleineren Diebstählen. Einweisung in die Psychiatrische Klinik als Morphiumsüchtiger. Diagnose: Dementia praecox. 
1919 Flucht aus der Anstalt.
1920 Zusammenleben mit Elisabeth von Ruckteschell in einer alten Mühle bei Ronco. Erneute Morphiumabhängigkeit und Verhaftung in Bellinzona, Selbstmordversuch. Nach heftigen Entzugserscheinungen und einem Blutsturz Einlieferung ins Inselspital Bern.
Nach versuchter Rezeptfälschung Einweisung in die Irrenanstalt Hollingen.
Flucht mit Hilfe Elisabeth von Ruckteschells zu Hans Raschlenach nach Baden. Eintritt in die Psychiatrische Klinik Burghölzli in Zürich. Ab Oktober mit Billigung der Behörden bei Hans Raschle in Baden.
1921 Aushilfe bei einem Lebensmittelhändler. Volontär bei der «»Schweizerischen Freien Presse». Erneute Morphiumsucht, Flucht zum Vater nach Mannheim. Eintritt in die Fremdenlegion. 
1922 Selbstmordversuch, Malaria.
1923 Ausmusterung wegen eines Herzfehlers. In Paris längerer Spitalaufenthalt und Arbeit als Tellerwäscher-Arbeit in einer Kohlegrube in Charleroi (Belgien).
1924 Malaria, Morphiumsucht, Selbstmordversuch. Nach einem im Morphiumdelirium verursachten Zimmerbrand Einweisung in die Irrenanstalt Tournai.
1925 Rückschaffung in die Schweiz; Psychiatrische Klinik Münsingen. Einweisung in die Haft- und Arbeitsanstalt Witzwil.  Selbstmordversuch.
1926 Entlassung aus Witzwil. Handlanger in der Gärtnerei Heinis in Liestal. Erneute Morphiumsucht und Rezeptfälschungen.
1927 Verhaftung wegen fortgesetzten Opiumdiebstahls in einer Apotheke. Eintritt in die Anstalt Münsingen. Psychoanalyse bei Max Müller.
1928 Hilfsgärtner. Gemeinsame Wohnung mit Beatrix Gutekunst in Basel. Beginn der Arbeit am Legionsroman «Gourrama».  Opiumrückfälle. Zusage eines Kredits von 1500 Fr.
für «Gourrama» durch die Werkbeleihkasse des Schweizer Schriftstellervereins. Aufgabe der Gärtnerarbeit und Umzug nach Winterthur zu Beatrix Gutekunst, die dort eine Tanzschule eröffnet hat.
1929 Erneute Morphiumsucht.  Schwierigkeiten mit der Werkbeleihkasse, die ihre letzte Ratenzahlung von einer Überarbeitung des Romans abhängig macht. Arbeit als Gärtner und Verhaftung nach einer Rezeptfälschung.
1930 Anstalt Münsingen. Abschluss von «Gourrama». Gartenbauschule Oeschberg. Findet keinen Verlag.
1931 Gartenbauschuldiplom. Selbstentwöhnungsversuch. Anstalt Münsingen. Nachanalyse bei Max Müller. Beginn an «Tee der drei alten Damen».
1932 Übersiedlung nach Paris mit Beatrix Gutekunst. Versuch, als freier Journalist und Schriftsteller zu leben. Opiumrückfälle. Abbruch des Pariser Experiments und Besuch beim Vater in Mannheim. Festnahme wegen Rezeptfälschung. Antrag des Vaters, Glauser lebenslänglich in der Schweiz zu internieren. Ausweisung.  Anstalt Münsingen. Ende der Beziehung mit Beatrix Gutekunst.
1933 Beginn der Freundschaft mit Berthe Bendel.  Zusage für die Stelle als Verwalter eines kleinen Gutes in Angles bei Chartres. Zustimmung des Vormunds und der Anstaltsleitung, Versicherung Berthes, Glauser zu begleiten, sie kündigt.
1934 Weigerung der Anstaltsleitung und des Vormunds, Glauser nach Angles gehen zu lassen. Unbefristete Internierung. Verlegung in die Anstalt Waldau bei Bern. Erster Preis beim Kurzgeschichten-Wettbewerb des «Schweizer-Spiegel.» Verlegung in die Kolonie Anna Müller in Münchenbuchsee. «Tee der drei alten Damen» beendet. Entlassung, Opiumrückfälle, Rezeptfälschungen.
1935 Erneute Internierung in der Waldau. Versetzung in die offene Kolonie «Anna Müller» in Schönbrunnen bei Münchenbuchsee. «Schlumpf Erwin Mord» wird fertig, Einsendung an den Morgarten-Verlag. Flucht aus der Kolonie «Anna Müller». Lesung im Rabenhaus bei Rudolf Jakob Humm.  Berthe Bendel gibt ihre Stelle in Kreuzlingen auf und kommt zu Glauser nach Basel. Rückkehr in die Waldau. Beginn mit der Arbeit an der «Fieberkurve»
1936 Annahme von «Schlumpf Erwin Mord» durch die «Zürcher Illustrierte» und den Morgarten-Verlag. Vergebliche Versuche, «Gourrama» bei der Büchergilde unterzubringen. Entlassung aus der Waldau. Kurzer Aufenthalt bei Josef Halperin in Zürich, «Matto regiert» wird fertig und von der Zeitschrift «Der öffentliche Dienst» angenommen. Lesung bei Humm im «Rabenhaus». Ankunft in Angles bei Chartres; in der Folge Bewirtschaftung des kleinen Gutes von Ernst Jucker, eines Schweizer Bankiers in Paris. Annahme der «Fieberkurve» durch den Morgarten-Verlag unter der Bedingung, dass Glauser den Roman überarbeite. Aufnahme in den Schweizerischen Schriftstellerverein. Auftrag für einen kurzen Studer-Roman vom «Schweizerischen Beobachter». «Wachtmeister Studer», Glausers erstes Buch, erscheint im Morgarten-Verlag, Zürich.
1937 «Matto regiert» erscheint im Jean Christophe Verlag, Zürich. Glausers Exposé zum Roman «Der Chinese» wird für den Wettbewerb des Schweizerischen Schriftstellervereins angenommen. Umzug nach La Bernerie (Loire). Beendigung der zweiten Fassung der »Fieberkurve».
Aufnahme einer Radiolesung. 
Beendigung von «Krock & Co.». Artikel über Gides «Retouches à mon retour de l'U.R.S.S.» und nach Erscheinen im «ABC» heftige Kontroverse mit Humm über Gides, den Stalinismus und die Linke. Tod des Vaters.
1938

Eintritt in die Klinik Friedmatt, Basel, zur Entziehungskur. Unfall im Baderaum der Klinik; Schädelbasisbruch und schwere Gehirnerschütterung. 1. Preis im Wettbewerb des Schweizer Schriftstellervereinsfür «Der Chinese». Vergebliche Bemühungen, in Basel zu heiraten. Die Schweizer Schillerstiftung spricht Glauser eine Anerkennungsgabe von 500 Franken zu. Übersiedlung nach Nervi bei Genua. Arbeit an drei verschiedenen Roman-Projekten (Ascona-Roman, Charleroi-Roman, «Mord in Angles»). Am 6. Dezember: Glauser bricht am Vorabend der Hochzeit beim Abendessen zusammen und stirbt am 8. Dezember

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Hannes Binder

Hannes Binder, geboren 1947 in Zürich, studierte an der Kunstgewerbeschule Zürich, arbeitete als Grafiker und Illustrator in Mailand und in Hamburg. Lebt heute als freischaffender Illustrator und Künstler in Zürich. Sein Werk ist vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Schweizer Kinder- und Jugendmedienpreis, dem Hans Christian Andersen Award und mit einer Anerkennungsgabe der Stadt Zürich. 2022 erhielt er für sein künstlerisches Schaffen den Kulturpreis des Kantons Zürich. Im Limmat Verlag sind neun Bücher von Hannes Binder erschienen, zuletzt «Dada», «Born des Bösen» und «Der digitale Dandolo».

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I

1911–1924

«Ich habe nicht bloss gebummelt, sondern
mich litterarisch betätigt» ⟶  7

 

II

1925–1932

«Hauptsache ist, dass die Gedanken nicht
stehenbleiben» ⟶ 115

 

III

1933–1936

«Ich plane eine Serie Schweizer
Kriminalromane» ⟶ 207

 

IV

1936–1937

«Ich bin kein ‹Düchter›» ⟶ 305

 

v

1938

«Das Wichtige erscheint erst später» ⟶ 419

 

NACHWORT UND ANHANG


Friedrich Glausers Briefnetzwerk ⟶ 478
Zu dieser Ausgabe ⟶ 488
Zeittafel ⟶ 493
Standortverzeichnis und Bildnachweis ⟶ 501
Abkürzungen ⟶ 502
Namenregister ⟶ 504
Werkregister ⟶ 514
Dank ⟶ 517
Die Herausgeberin und der Illustrator ⟶ 519

Auszug Seiten 3–33

Tagblatt Zürich, 20. Januar 2021
SonntagsBlick, 31. Januar 2021
CHMedia, 04. Februar 2021
Die Zeit Schweiz, 04. Februar 2021
SRF Tagesschau, 04. Februar 2021
SRF Kultur, 04. Februar 2021
litteratur.ch, 07. Februar 2021
Tages-Anzeiger Züritipp, 08. Februar 2021
SRF 1 Buchzeichen-Stammtischrunde, 09. Februar 2021

Buchkultur, Februar 2021 
3SAT Kulturzeit, 10. Februar 2021
Schwäbische Zeitung, 15. Februar 2021
Tages-Anzeiger, 01. März 2021
Deutschlandfunk Kultur, 03. März 2021
WOZ, 11. März 2021
Die Presse, 27. März 2021
Culturmag, 01. April 2021
bluenews, 03. April 2021
literaturkritik.de, 13. April 2021
NZZ, 23. Mai 2021
Salve, Juni/Juli 2021
24 heures, 05. Juni 2021
NDR Das Gemischte Doppel, 15. Juni 2021 
Weltwoche, 2. September 2021
Literaturclub SRF, 12. Oktober 2021
Sonntags Blick Magazin, 12. Dezember 2021
Bücherstimmen, Dezember 2021Informationsmittel (IFB), Mai 2022
Passim, August 2022


 

«Das Buch lässt die Leserschaft unmittelbar und umfassend in Glausers Welt eintauchen.»  Tagblatt Zürich

«Den Erzähler und Briefschreiber haben Manfred Papst, Bernhard Echte und andere längst zugänglich gemacht. Seit Gerhard Saners Darstellung von 1981 wurden die Abgründe seines Lebens vielfach erhellt. Beides zusammengebracht aber hat erst Christa Baumberger mit ihrer ausführlichen, klug kommentierten und um viele unbekannte Funde bereicherte Sammlung ‹Friedrich Glauser. Jeder sucht sein Paradies …›. Hannes Binder evoziert darin Glausers Paradiessuche von der Fremdenlegion bis zu dem Moment, als Berthe Bendel seine Asche zum Friedhof Manegg trägt, kongenial mit seinen Bildern.»  Charles Linsmayer, CH Media

«Christa Baumberger legt ein gewichtiges Lebenslesebuch vor, ein reichhaltiges Panorama seiner Korrespondenzen über ein Vierteljahrhundert und zahllose Stationen der ergreifenden Irrungen und Wirrungen hinweg, der Hochkreativität und der Niedergeschlagenheit bis zu den Höllen, ‹um endlich den Weg zu finden und jene Ergebung, nach der ich strebte› (Glauser). Der Limmat Verlag hat unter Beigabe zahlreicher Reproduktionen daraus ein höchst ansprechendes Buchkunstwerk gemacht, und Hannes Binder, der bereits 1988 Glausers ‹Der Chinese› als Graphic Novel adaptierte, feine Zeichnungen beigesteuert.»  Alexander Kluy, Buchkultur

«Das fein gestaltete Buch bietet einen beeindruckenden Zugang zum fragilen wie faszinierend kreativen Leben eines Unbeugsamen, dessen Charme und stilistischer ‹Klangreichtum› die Lektüre besonders lohnend macht.»  Michael Borrasch, Schwäbische Zeitung

«Ein wunderbarer Thesaurus zu Glauser.»  Thomas Wörtche, Culturmag

«Ein faszinierendes Bild eines rebellischen Dichters.»  Die Presse

«Christa Baumberger hat keine Mühe gescheut, Glauser in allen Facetten auszuleuchten» Die Weltwoche, Rolf Hürzeler

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